Fünf typische Projektleiter
Den perfekten Projektleiter dürfte es kaum geben – er wäre vermutlich eine Mischung aus Nelson Mandela und MacGyver: Er tritt engagiert für sein Projekt ein, haut es aus Schwierigkeiten raus, zeigt sich bescheiden, gleichzeitig aber durchsetzungsstark, und hat für jedes Problem eine passende Lösung parat. Einen solchen Projektleiter wird man in der Realität kaum antreffen, denn jeder Typ hat seinen eigenen Stil.
Jeder Projektleiter bringt seine Eigenarten, seine Stärken und Schwächen mit. Spielt ein Projektleiter nun sein besonderes Temperament oder seine besondere Stärke zu einseitig aus, kann er damit den Projekterfolg gefährden. Ein „starker Typ“, der sich bewusst für ein anspruchsvolles Projekt entscheidet, kann für ein Unternehmen ein Glückfall sein. Doch es besteht auch die Gefahr, dass er mit einem allzu sehr ausgeprägten Temperament aneckt, in Fallen tappt, am Ende womöglich das Projekt vor die Wand fährt. Erfolg und Misserfolg liegen für echte Typen immer nahe beieinander.
Typ 1
Der Macher
Jutta S. ist eine Macherin und bringt mit, was man von einer guten Projektleiterin erwartet: Zielstrebigkeit, Interesse an schnellen Resultaten. Projektleiter ihres Schlags sind ehrgeizig, wollen etwas erreichen, wollen gestalten und Probleme lösen. Unbeirrt treiben sie ihre Projekte voran – und beanspruchen hierfür allerdings auch ein gewisses Maß an Beinfreiheit.
Das Problem ist nur: Der Machertyp ist oft geradezu fixiert auf den Projekterfolg. Er glaubt, das Projekt durchpeitschen zu können. Dabei unterschätzt er die Risiken und Nebenwirkungen seiner Vorgehensweise: Da ein Projekt meist unterschiedliche Unternehmensbereiche berührt, kann das forsche Vorgehen bei den Betroffenen schnell Widerstände provozieren – da mag das Projekt noch so sinnvoll sein.
Mein Survival-Tipp:
Wenn Du ein Macher bist: Widerstehe dem ersten Impuls, Dein Projekt alleine durchziehen zu wollen. Suche Dir einflussreiche Bündnispartner, die Dir bei der Umsetzung helfen


Foto: Kenny Eliason auf Unsplash
Typ 2
Der Fachexperte
Christian K. gilt als Meister seines Fachs, niemand macht ihm fachlich so schnell etwas vor. Wann immer ein Projektleiter für ein schwieriges Unterfangen gesucht wird, fällt die Wahl auf Christian. Oft gibt eine hohe fachliche oder technische Expertise den Ausschlag, einem Mitarbeiter die Rolle des Projektleiters zu übertragen. Dieser Projektleiter-Typ ist aufgrund seines Know-hows und seiner Erfahrung in der Lage, umfangreiches Datenmaterial zu sichten und selbst für kniffligste technische Probleme eine Lösung zu finden. Wenn ein Projekt hohe fachliche Ansprüche stellt, ist dieser Typ daher begehrt.
Doch oft schon zu Beginn des Projekts tappen die Fachexperten unter den Projektleitern in eine Falle: Statt das Projekt strategisch und konzeptionell auf die Schiene zu setzen, stürzen sie sich bereits in die fachlichen Details. Sie versäumen es, den Projektauftrag eindeutig zu klären und einen soliden Projektplan aufzustellen. So verlieren sie den Blick fürs Ganze, sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.
Mein Survival-Tipp:
Wenn Du ein Fachexperte bist: Verschaffe Dir möglichst schnell einen Überblick – und widerstehe dem Impuls, Dich allzu sehr in technischen Details zu verlieren.
Typ 3
Der Schwarzseher
Andrea K. ist als umsichtige Projektleiterin bekannt, die Risiken und mögliche Schwierigkeiten immer im Blick hat. Sie lässt sich von Gefahren und Bedrohungen allerdings allzu oft ängstigen. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste – nach diesem Motto verfahren die Schwarzseher. Dieser Projektleiter-Typ ist darauf bedacht, keine Fehler zu machen. Deshalb wird er auch dafür geschätzt, sehr zuverlässig und gründlich zu sein. Die Kehrseite davon ist, dass es ihm schwer fällt, Entscheidungen zu treffen und Risiken einzugehen.
Die eigentliche Gefahr, in die ihn seine übertriebene Vorsicht bringt, liegt jedoch an anderer Stelle: Mit der Zeit wird sein Name nur noch mit Problemen in Verbindung gebracht, kaum mehr mit Lösungen. Ständig nervt er seine Teammitglieder und alle anderen Beteiligten mit seinen Bedenken. Und welcher Manager möchte schon in ein laufendes Projekt eingreifen müssen, nur weil der Projektleiter immer neue Probleme produziert?
Mein Survival-Tipp:
Wenn Du zur Übervorsicht neigst: Gewöhne Dich daran, Probleme lösen zu müssen – sei es alleine oder mit Deinem Team. Behellige damit aber nicht Dein Management.
Typ 4
Die Arbeitsbiene
Alessandro C. schuftet, übernimmt jede anfallende Aufgabe mit großer Motivation, bleibt auch mal länger, wenn es nötig ist und legt sich für seinen Job mehr als 100 Prozent ins Zeug. Scheinbar die optimale Einstellung und beste Voraussetzungen, um als Projektleiter erfolgreich zu sein.
Die Arbeitsbienen unter den Projektleitern sind in puncto Motivation und Einsatz ein Vorbild für ihr Team. Sie sind bescheiden, wirken im Stillen, halten sich im Hintergrund. Nur ungern ziehen sie die Aufmerksamkeit der anderen auf sich; lieber bleiben sie mit ihrer guten Organisation und Planung des Projektes im Verborgenen.
Damit verbunden ist vor allem ein Problem: Ein Projekt, das weitgehend im Verborgenen abläuft, ist im Alltag des Unternehmens nicht präsent. Dem Projektleiter und seinem Team bleiben die verdiente Anerkennung, womöglich auch die manchmal erforderliche Unterstützung versagt. Es reicht eben nicht, einfach nur einen guten oder sehr guten Job zu machen. Ein Projektleiter sollte zudem in der Lage sein, seine eigene Arbeit und die seines Teams zu verkaufen. Klappern gehört auch für bescheidene Projektleiter zum Handwerk!
Mein Survival-Tipp:
Wenn Du eher bescheiden und zurückhaltend agierst: Tue nicht nur Gutes, sondern rede auch darüber. Nur so werden die Verantwortlichen im Unternehmen Dein Projekt wahrnehmen und Projekterfolge auch honorieren.
Typ 5
Der Teamplayer
Svenja T. gilt als echter Teamplayer. Ihre Projektmitarbeiter bringen ihr viel Vertrauen entgegen. Sie gilt als Vorbild und ihr wird, ebenso wie den einsamen „Helden“ von früher, zugetraut, selbst schwierigste Projekte zu stemmen.
Sicher, Projektleiter sind mehr denn je als Teamplayer gefragt. Wenn es darum geht, im Team gemeinsam etwas zu erreichen, um zum Beispiel Synergieeffekte zu generieren, dann sind Teamplayer-Fähigkeiten absolut notwendig. Jeder Mitarbeiter übernimmt dabei eine oder mehrere Rollen für das Projekt, so bildet sich das Team. Jeder ist Profi und trägt zum Erfolg des Projekts bei. Der Projektleiter in diesem Sinne ist dann nicht mehr erforderlich.
Ein gut funktionierendes Team ist allerdings kein Selbstläufer. Damit aus einer Reihe von guten Köchen eine gut funktionierende Küchen-Crew wird, die durch ihre Arbeit begeistert, braucht es regelmäßige Kontrolle und Wartung. Auf jeden Fall aber wird ein Projektleiter benötigt, der Wert darauf legt, dass Kontrolle und Wartung stattfinden – und der dafür Zeit und Aufwand einplant.
Mein Survival-Tipp:
Wenn Du ein Teamplayer bist: Denke daran, dass selbst gute Teams Führung brauchen, und dass Du mitunter den Schalter umlegen musst, wenn in kritischen Projektsituationen Durchsetzungsstärke und strategische Kompetenzen gefragt sind.
Fazit
Für Projektleiter ist es wichtig, sich des eigenen Temperaments bewusst zu sein. Sie sollten ihre Motive kennen und ihre Stärken und Schwächen richtig einschätzen können.


Mario Neumann
Als Autor und Trainer begleite ich Dich durch die abenteuerliche Welt der Projekte. Dafür wurde ich schon mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Internationaler Deutscher Trainingspreis und dem Weiterbildungs-Innovationspreis. Alle meine Bücher, Seminare und Vorträge findest Du auf marioneumann.com.