Aller Anfang ist schwer
Da hat man mal einen Vorschlag gemacht, und schon hat man ein Projekt am Hacken. So, oder so ähnlich kommen Mitarbeiter an ihre ersten Projekte. Oftmals verzichten sie dabei auf eine strukturierte Planung. Das ist nicht nur naiv, sondern bringt sie schnell in Teufels Küche – vergessene Aktivitäten, verschwitzte Termine und eine erdrückende Arbeitslast sind oft die Folge.
Für Anita M. ist ihr erstes Projekt der berühmte „Sprung ins kalte Wasser“. Von einem Tag auf den anderen findet sie sich völlig unvorbereitet in der Rolle der Projektleiterin wieder. Für eine Projektmanagement-Schulung oder auch nur für das intensive Eigenstudium der Fachliteratur fehlte ihr die Zeit. Auch der schnelle Blick in ein Lehrbuch half nicht weiter – mit der Vielzahl der dort beschriebenen Instrumente konnte sie schlicht nichts anfangen. Begleitet von einem aufmunternden »Du schaffst das schon.» ihres Chefs, stürzt sich Anita M. in das Projekt. Nach anfänglichen Erfolgen merkt sie bald, dass es ihrem Projekt an der notwendigen Struktur mangelt und es in der Folge langsam aber sicher im Chaos versinkt.
Gerade bei ersten, kleineren Projekten ist die Versuchung groß, auf eine Planung kurzerhand zu verzichten. »Das kriegen wir schon hin«, so lautet die Devise. Doch das Fehlen einer klaren Struktur führt schnell zur Verwirrung unter den Teammitgliedern, da unklar bleibt, wer für welche Aufgaben verantwortlich ist. In diesem Fall sind Missverständnisse vorprogrammiert, was zwangsläufig den Fortschritt im Projekt erheblich behindert. Meist wächst den Projektleitern schon nach wenigen Tagen das vermeintlich kleine Projekt über den Kopf. Sie verlieren den Überblick, bringen anstehende Aufgaben durcheinander und verschwitzen wichtige Termine. Schnell wird ihnen klar: Das Projekt muss besser strukturiert werden!
Auch ein kleineres Projekt hat komplexe Aufgaben, braucht neue Lösungswege, birgt Risiken und muss mehrere Beteiligte koordinieren. Wer das alles in den Griff bekommen möchte, braucht eine gute Planung, mit der alles Notwendige geregelt wird.
Schritt 1: Alle wichtigen Aufgaben auf einen Blick
In Projekten gibt es immer wieder Momente, in denen die Beteiligten stutzen und sich fragen: »Wo ist eigentlich …?« Oder: »Wer kümmert sich eigentlich um …?« Plötzlich stellt sich heraus, dass man bestimmte Teilaufgaben schlicht vergessen hat. Wenn es dann auffällt, kann es im schlimmsten Fall zu spät sein.
Im ersten Schritt erfassen wir deshalb alle notwendigen Aktivitäten, die zu Erreichung der Projektziele notwendig sind. Daraus resultiert der Projektstrukturplan. Er bildet das Herzstück eines jeden Projektes.
Ein Strukturplan dient dazu, die einzelnen Tätigkeiten und Aufgaben eines Projekts übersichtlich darzustellen. Die erste Ebene des Strukturplans fasst das Projekt als Ganzes zusammen, darunter folgen die Teilbereiche (Ebene 2) und die Tätigkeiten (Ebene 3). Indem wir das Projekt auf der dritten Ebene in einzelne Aufgaben, Tätigkeiten und Aktivitäten zerlegen, machen wir es besser plan- und steuerbar.
Am besten rufst Du Dein Projektteam zusammen, um den Projektstrukturplan in einer Art Brainstorming zu entwickeln. Am Besten eignen sich Pinnwand und Post-it-Notes, um die Erstellung des Plans zu visualisieren. Auf jedem Zettel wird eine Aktivität notiert. Die Zettel können auf Zuruf geschrieben und direkt den Teilbereichen zugeordnet werden. Die Post-it-Notes lassen sich jederzeit ändern oder neu zuordnen. So entsteht in der Interaktion der Beteiligten schnell ein erster solider Projektstrukturplan.
Schritt 2: Alle Tätigkeiten in der richtigen Reihenfolge
Der Projektstrukturplan gliedert das Projekt in einzelne Teilbereiche und führt alle zur Zielerreichung notwendigen Aktivitäten auf. Nun geht es im zweiten Schritt darum, die einzelnen Aktivitäten in die richtige Reihenfolge zu bringen. Das Werkzeug hierfür ist der Ablaufplan – auch Netzplan genannt.
Im Kern geht es darum, die logischen und sachlich erforderlichen Abhängigkeiten zu ermitteln: Der Projektleiter bestimmt, welche Aktivitäten sequenziell ablaufen und welche unabhängig voneinander parallel stattfinden können.
Für die Visualisierung eignen sich wieder Pinnwand und Post-it Notes. Nehmen Sie sich Ihren Projektstrukturplan zur Hand und ordnen Sie die dort verwendeten Zettel neu an. Verbinden Sie die einzelnen Aktivitäten mit Pfeilen.
Schritt 3: Kosten und Termine in den Griff bekommen
Es ist der spannendste und zugleich gefährlichste Schritt in der Planung: die Feststellung des voraussichtlichen Aufwands. Spannend deshalb, weil so manchem Auftraggeber die Gesichtszüge entgleiten, wenn er erfährt, wie aufwendig die Umsetzung seiner ach so tollen Idee ist. Und gefährlich, weil dem Projektleiter plötzlich klar wird, wie unrealistisch womöglich die Terminvorgaben seines Auftraggebers sind.
Es ist eine unangenehme und mühsame Aufgabe – doch sie muss im Rahmen der Projektplanung erledigt werden: Gib für jede einzelne Aktivität im Ablaufplan Aufwand und Dauer an – den Aufwand in Stunden, die Dauer in Arbeitstagen. Bevor Du Dauer und Aufwand abschätzt, solltest Du Dir erst einmal klarmachen, wie viel Zeit am Tag den Projektbeteiligten für Projektarbeit überhaupt zur Verfügung steht. Das Ergebnis ist oft sehr ernüchternd: Da erstreckt sich dann eine Aufgabe von wenigen Stunden Aufwand über einen Zeitraum von Tagen, vielleicht sogar Wochen.
Nun bist Du in der Lage, realistische Angaben zur Gesamtdauer und zum Aufwand des Projekts zu machen. Außerdem gibt es jetzt belastbare Aussagen, was bis wann erledigt sein muss.
Survival-Tipps
- Projekte bedeuten: schwierige Aufgaben, neue Lösungswege und viele Beteiligte. Wenn Du das in den Griff bekommen willst, kommst Du um eine vernünftige Planung nicht herum.
- Identifiziere alle notwendigen Aktivitäten und bilde diese in einem Projektstrukturplan ab. Stimme diesen Plan mit den Beteiligten ab.
- Bestimme die Vorgehensweise, wie die einzelnen Aktivitäten der Reihe nach abgearbeitet werden sollen. Erstelle hierzu einen Ablaufplan.
- Schätze für jedes Arbeitspaket die Dauer und den anfallenden Arbeitsaufwand – und trage Sie diese Daten in den Ablaufplan ein.
- Übertrage die Daten aus dem Ablaufplan in den Kalender. Jetzt ist für jeden ersichtlich: Wer macht was bis wann.
- Denke daran: Die Planung ist keine Vorhersage. Ein Projektverlauf lässt sich nicht vorausberechnen. Aber die Planung hilft Dir, um den Überblick nicht zu verlieren.
Mario Neumann
Der Trainer und Autor schreibt seit 2021 in diesem Online-Magazin locker und pragmatisch über Projektmanagement. Für seine Arbeit wurde er schon mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Internationalen Deutschen Trainingspreis und dem Weiterbildungs-Innovationspreis. Alle seine Bücher, Seminare und Vorträge findest Du auf marioneumann.com.