Meeting Overload!? – Teil 2
Wer kennt das nicht? – Vielleicht haben wir uns zu Beginn des Tages noch motiviert gefühlt – doch spätestens nach dem vierten Meeting ist davon nicht mehr viel übrig. Stattdessen sind wir durch den Meeting Overload müde und können uns kaum noch konzentrieren. In diesem und einigen weiteren Beiträgen möchte ich Anregungen geben, wie man den frustrierenden Meeting Overlaod in den Griff bekommt – Heute geht es um hilfreiche Meeting Guidelines.
In einem mittelständischen Unternehmen steht Frank W. in der Verantwortung, ein neues Produkt zu entwickeln. Die Geschäftsführung beschließt deshalb, wöchentliche Status-Meetings in den betroffenen Bereichen einzuführen. Diese Meetings werden schnell zur Norm, ohne dass klare Ziele oder Agenden festgelegt wurden. Jeder Abteilungsleiter lädt seine Teammitglieder ein, um über den Projektfortschritt zu berichten, was dazu führt, dass die Teilnehmerzahl in kurzer Zeit auf über 20 Personen ansteigt. Oft beginnen die Meetings mit langen Berichten über bereits bekannte Informationen und enden nicht selten in hitzigen Diskussionen über unwichtige Details. Nicht nur Frank, der als Projektleiter stets mit von der Partie ist, sondern auch die Teilnehmenden sind zunehmend frustriert, da während dieser Zeit ihre eigentliche Arbeit liegen bleibt.
Der zunehmende Meeting-Overload führt zu einem deutlichen Rückgang der Produktivität in den Unternehmen. Immer häufiger klagen Mitarbeitende darüber, dass sie kaum noch Zeit für ihre Kernaufgaben haben und gerade Projekte geraten darüber zunehmend ins Stocken. Das Beispiel von Frank verdeutlicht, wie wichtig es ist, Meeting Guidelines zu etablieren, um den Meeting-Overload in den Griff zu bekommen und produktivere Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Ohne klare Meeting Guidelines – wie definierte Ziele, eine strukturierte Agenda und eine Begrenzung der Teilnehmerzahl – wird nicht nur die Effizienz beeinträchtigt, sondern auch das Engagement der Mitarbeitenden gefährdet.
Meeting-Kultur kann man gestalten
Wenn es um das Thema Meetings geht, bekommt man häufig ein Schulterzucken: „Meetings bringen nichts. Da kann man nichts machen“. Doch das Gegenteil ist möglich. Projektleiter, die sich die Zeit nehmen, ihre Meeting-Kultur aktiv gestalten, merken es meist schnell: Meetings können sehr produktiv sein und den Beteiligten auch Spaß machen.
Mache deshalb lieber heute als morgen Schluss mit Meetings, die nichts als stumpfsinnige Zeitfüller, langweilige Diskussionsbuden oder Beschäftigungstherapien für selbstdarstellerische Projektbeteiligte sind. Entwickele deshalb für Dein Projekt eine stringente Meeting-Kultur. Die folgenden fünf Meeting Guidelines können Dir dabei helfen:


Foto: Drazen Zigic auf istock
Guideline 1: Vorbereitung ist das A und O
Bevor Du ein Meeting planst oder daran teilnimmst, solltest Du sicherstellen, dass es klare Ziele gibt: Jedes Teammitglied sollte wissen, was am Ende des Meetings erreicht werden soll. Dies hilft, den Fokus zu behalten und verhindert sinnlose Diskussionen, die Meetings unnötig in die Länge ziehen können. Außerdem erleichtert ein klar formuliertes Ziel die Vorbereitung.
Wenn Du den Teilnehmenden die Zielsetzung bereits in der Einladung kommunizierst, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie vorbereitet zur Besprechung kommen. Sie haben dann eine klare Vorstellung davon, was dort erarbeitet werden soll. So kann jeder Teilnehmer für sich im Vorfeld überprüfen, welchen Beitrag er zur Zielsetzung leisten kann.
Auch für die Durchführung des Meetings ist eine klare Zielformulierung von Vorteil: Die Gefahr, in abschweifende Diskussionen zu geraten, ist deutlich geringer, wenn alle Teilnehmenden eine klare – und vor allem die gleiche – Vorstellung davon haben, was in der Besprechung erreicht werden soll.
Guideline 2: Die Wahl der Teilnehmer
Wesentlich für ein erfolgreiches Meeting ist die richtige Zusammensetzung der Teilnehmer. Und hier ist oft weniger mehr. Verfügt eine Person beispielsweise über besondere Kenntnisse oder Informationen hinsichtlich der besprechenden Themen, sieht aber selbst nur einen geringen Mehrwert für sich selbst in der Teilnahme, dann muss diese Person nicht dauerhaft dabei sein. Es empfiehlt sich, diese Person – nach vorheriger Absprache – kurzzeitig ins Meeting zu bitten, damit sie ihre Informationen teilen kann.
Das Schlimmste, was Dir in einem Meeting passieren kann, sind Personen, die sich an einer Diskussion beteiligen, obwohl sie gar nichts mit der Sache zu tun haben. Das passiert, wenn Personen eingeladen werden, die nicht direkt mit dem besprochenen Thema zu tun haben. Diese Personen sollte man besser gar nicht erst einladen. Ähnlich verhält es sich mit jenen Teilnehmern, die zwar von den Meeting-Ergebnissen profitieren, aber selbst keinen Beitrag leisten können. Diese Personen kann man besser im Nachhinein über die wichtigsten Punkte informieren.
Die Erfahrung zeigt: Man sollte das Meeting auf relevante Schlüsselpersonen beschränken, um einen effizienten und effektiven Ablauf sicherzustellen. Um diese Schlüsselpersonen zu identifizieren, sind folgende Fragen hilfreich: Ist die Person direkt von den Inhalten betroffen, die während des Termins besprochen oder entschieden werden? Hat die Person etwas Wichtiges beizutragen oder ein relevantes Update bereitzustellen? Muss die Person besprochene oder beschlossene Dinge schnell ausführen oder benötigt diese für eine eigene Entscheidung?
Guideline 3: Ein klares Timeboxing
Ausufernde Diskussionen, Teilnehmer reden aneinander vorbei oder es werden keine konkreten Ergebnisse erarbeitet. Sowohl für den Projektleiter, als auch für die Teammitglieder ein demotivierender und unproduktiver Zustand. Abhilfe schafft das sogenannte „Timeboxing“.
Timeboxing ist eigentlich ein Werkzeug aus dem Zeitmanagement. Die Timebox gibt dabei an, wieviel Zeit für die Erledigung einer Aufgabe eingeplant ist. Timeboxing wird jedoch auch dafür genutzt, um die Zeit für Besprechungen und Meetings im wahrsten Sinne des Wortes zu „bändigen“.
Die Erfahrung zeigt: Je mehr Zeit zur Verfügung steht, desto größer ist die Gefahr, sich in endlosen Debatten und Detaildiskussionen zu verlieren, was wertvolle Zeit in Anspruch nimmt. Um Timeboxing effektiv umzusetzen, können spezielle Uhren eingesetzt werden, die für alle Teilnehmer sichtbar sind. Vor Beginn der Besprechung wird für jeden Punkt auf der Agenda eine bestimmte Zeit festgelegt, die möglichst eingehalten werden sollte. Sollte eine Diskussion länger dauern als vorgesehen, kann das Thema entweder vertagt oder die Timebox durch Mehrheitsbeschluss verlängert werden.
Guideline 4: Ergebnisse konsequent festhalten
Es ist ein altbekanntes Muster: Eigentlich hatte man den Punkt bereits im vorherigen Meeting abgehakt, aber nun flammt eine Grundsatzdiskussion auf – und auf einmal liegt ein Thema wieder auf dem Tisch, das eigentlich bereits abgeschlossen war. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Ergebnisse des vorherigen Meetings nicht festgehalten worden sind und dadurch regelrecht verpufft sind.
Wenn im Meeting besprochene Maßnahmen nicht klar und deutlich aufgeschrieben werden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass am Ende nichts passiert. Man kann ein großes Blatt oder eine Pinnwand in drei Spalten unterteilen. Die erste Spalte fungiert als Agenda. Hier sammelt man Themen, ohne in die Diskussion einzusteigen. Ist die erste Spalte ausgefüllt, geht man Thema für Thema durch. In der zweiten Spalte notiert man eine genaue Problembeschreibung und in der dritten Spalte notiert man die vereinbarten Maßnahmen.
Diese Struktur der drei Spalten ist einfach und für alle schnell verständlich. Sie orientiert sich an einem normalen Gesprächsfluss, gibt Orientierung und hilft, Themen strukturiert durchzuarbeiten. Zu guter Letzt sind die Maßnahmen übersichtlich gelistet und jeder weiß, was im Nachgang zu tun ist.
Guideline 5: Es gibt auch Alternativen
Nicht jedes Thema benötigt ein Meeting. Manche Abstimmungen lassen sich über einen schnellen Chat, eine E-Mail oder ein gemeinsames Dokument genauso effizient erledigen. Sollte Dein Meeting der reinen Informationsweitergabe dienen, kannst Du es getrost absagen.
Einfache Informationen lassen sich beispielsweise per E-Mail ganz gut übermitteln. Aber auch hier gilt es, den Verteiler auf relevante Adressaten zu begrenzen. E-Mails sind auch deshalb so in Verruf geraten, weil mitunter regelrechte CC-Schlachten gefeiert wurden.
Zugegeben: ein One-Pager ist aufwändiger als eine E-Mail. Aber bei weitem nicht so aufwändig wie ein 60minütiges Meeting! Die Idee des One-Pagers ist einfach: Die allerwichtigsten Infos werden auf einer DIN A4 Seite festgehalten. Du kannst das Dokument als PDF verschicken oder auf einem MS Teams Share zur Verfügung stellen. Merkst du, dass deine Infos ein bisschen zu komplex sind, sie in geschriebene Worte zu packen, kannst du die nächst höhere Stufe zünden und eine Sprachnachricht verschicken. Das geht über Messenger wie Whatsapp oder auch als Sprachnachricht in MS Teams.
Fazit
Mit Hilfe dieser Meeting-Guidelines wird man sich nicht alle Meetings komplett vom Hals schaffen, aber man gewinnt wertvolle Zeit zurück, um sich wieder auf das Wesentliche im Projekt zu konzentrieren – die eigentliche Arbeit und die Ziele der Projekte.
Survival-Tipps
- Zielsetzung: Jedes Meeting sollte ein klares Ziel haben. Definiere im Voraus, was erreicht werden soll, um sicherzustellen, dass alle Teilnehmer auf dasselbe Ziel hinarbeiten.
- Erstelle eine strukturierte Agenda vor dem Meeting. Diese sollte die Themen, die besprochen werden sollen, sowie die Zeitvorgaben für jedes Thema enthalten.
- Begrenze den Teilnehmerkreis – Lade nur Personen ein, die für das jeweilige Thema relevant sind und einen Beitrag leisten können. Dies fördert eine fokussierte Diskussion.
- Lege eine feste Dauer für das Meeting fest und halte Dich an diese Vorgabe. Nutze Timer oder andere Hilfsmittel, um sicherzustellen, dass die Zeit eingehalten wird.
- Führe nach jedem Meeting eine kurze Reflexion durch, um zu bewerten, ob das Meeting zielführend war und welche Verbesserungen möglich sind.
- Da Du selbst viele Meetings organisierst: Überlege immer, ob ein Meeting wirklich notwendig ist oder ob Informationen auch über digitale Tools kommuniziert werden können.


Mario Neumann
Der Trainer und Autor schreibt seit 2021 in diesem Online-Magazin locker und pragmatisch über Projektmanagement. Für seine Arbeit wurde er schon mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Internationalen Deutschen Trainingspreis und dem Weiterbildungs-Innovationspreis. Alle seine Bücher, Seminare und Vorträge findest Du auf marioneumann.com.