Meeting Overload!? – Teil 1
Wer kennt das nicht? – Einen großen Teil unserer täglichen Arbeitszeit verbringen wir in Terminen. Und oft genug stellen wir hinterher fest, dass unser eigener Beitrag zum Meeting verschwindend gering war oder entscheidende Teilnehmer/innen gefehlt haben. In diesem und einigen weiteren Beiträgen möchte ich Anregungen geben, wie man den frustrierenden Meeting Overlaod in den Griff bekommt – Heute geht es um die Reduzierung der Meetings.
Linda H. ist frustriert. Es ist Mittwochmorgen, und als sie ihren Laptop öffnet, wird sie sofort von einer Flut an Terminen überwältigt. Heute Vormittag stehen nicht nur die wöchentlichen Jour-Fix-Termine mit den Teilprojekten auf der Agenda, sondern auch zwei Abstimmungsgespräche mit den Fachabteilungen. Hinzu kommt ein Ad-hoc-Meeting, das ihr Chef gestern Abend kurzfristig angesetzt hat. Auch der Nachmittag verspricht keine Entlastung: Ein Onboarding-Gespräch, die Budgetplanung mit dem Projektcontrolling und ein Status-Update für den Vertrieb sind eingeplant. Lindas Kalender ist bis 17 Uhr randvoll. Dabei gibt es zahlreiche andere Aufgaben, die ebenfalls dringend erledigt werden müssten: Der Projektplan wartet auf Anpassungen, die Sitzung des Lenkungsausschusses steht bevor und die Lieferantenverträge sollten ebenfalls überprüft werden.
Es gibt wohl kaum eine andere berufliche Tätigkeit, die so weit verbreitet ist und über die gleichzeitig so viel geklagt wird: Meetings. Oft sind sie Zeiträuber und Energiefresser. Selbst wenn Linda ihren Tag noch motiviert angegangen ist, spätestens nach dem vierten Meeting ist davon nicht mehr viel übrig. Stattdessen ist sie durch den Meeting Overload müde und kann sich kaum noch konzentrieren. Und ihre eigentliche Arbeit ist durch die vielen Unterbrechungen noch nicht erledigt. Da stehen wohl Überstunden an. Das nervt. Eine Umfrage der Universität Augsburg kommt zu erschreckenden Zahlen: Die Hälfte der Befragten gibt an, bis zu 50 Prozent ihrer Arbeitszeit in Meetings zu verbringen. Im Management ist die Zahl noch höher und seit Corona noch gestiegen.
Wir verbringen nicht nur viel Zeit in Meetings – wir verschwenden sie auch. Die Mitarbeitenden wissen oft nicht, worum es im Meeting geht und was das Ziel ist. Trotzdem sind Meetings wichtig, denn wir arbeiten heute doppelt so häufig mit anderen zusammen als noch vor 20 Jahren.
Seit dem Beginn der Pandemie und dem vermehrten Arbeiten im Homeoffice hat die Anzahl der Online-Meetings erheblich zugenommen. Dies führt nicht nur zu einem erhöhten Terminstress, sondern wirft auch die Frage auf, wie der Meeting Overload reduziert werden kann. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erleben oft einen regelrechten Meeting-Marathon, bei dem sie ohne Pausen von Termin zu Termin hetzen. Erst am späten Nachmittag bleibt dann Zeit, sich der eigentlichen Arbeit zu widmen.
Es ist wichtig zu betonen, dass Meetings nicht die einzige Form der Zusammenarbeit darstellen. Für hybride Arbeitsplatzmodelle benötigen wir ergänzende Lösungen, die eine effektive Kommunikation und Kooperation fördern. Zudem sollten wir uns bewusst machen, dass Meetings nicht dazu gedacht sind, die eigentliche Arbeit zu erledigen; vielmehr dienen sie der Koordination, Synchronisation und Abstimmung zwischen den Beteiligten. Daher ist es entscheidend, eine ausgewogene Balance zwischen Meetings und Fokuszeiten zu finden. Um den Meeting-Overload zu reduzieren, können folgende drei Schritte als Grundlage dienen:


Foto: Steve Buissinne auf Pixabay
1. Die Anzahl der Meetings reduzieren
Mitarbeitende verbringen oft zu viel Zeit in Meetings aus verschiedenen Gründen. Zum einen wird Anwesenheit häufig fälschlicherweise mit Produktivität gleichgesetzt; viele haben das Gefühl, etwas erreicht zu haben, wenn sie an Besprechungen teilnehmen. Zudem besteht die Angst, dass Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden könnten, wenn sie nicht an den Meetings teilnehmen. Auch die Sorge, „im Dunkeln zu tappen“ und keine wichtigen Informationen zu erhalten, hält viele Menschen in Besprechungen.
Die Reduzierung von Meetings kann jedoch zahlreiche positive Auswirkungen haben. Eine Studie mit 76 Unternehmen zeigte, dass bereits eine Reduktion der Meetings um 20 Prozent nach 14 Monaten zu einer signifikanten Steigerung von Autonomie, Kommunikation, Kooperation, Engagement, Produktivität und Zufriedenheit führte. Darüber hinaus berichteten die Teilnehmenden von einem Rückgang des wahrgenommenen Mikromanagements und einer Abnahme des empfundenen Stresses.
Um die Anzahl der Meetings effektiv zu reduzieren, sollten Unternehmen zunächst klare Ziele und Agenda für jedes Meeting festlegen. Nur relevante Teilnehmer sollten eingeladen werden, um die Effizienz zu steigern. Alternativen wie E-Mail-Updates oder Projektmanagement-Tools können genutzt werden, um Informationen auszutauschen, ohne gleich ein Meeting abhalten zu müssen. Zudem braucht es eine Meeting-Kultur, in der Fokuszeiten respektiert werden, sodass Mitarbeitende zwischendurch auch mal ungestört arbeiten können.
2. Das richtige Meeting-Format wählen
In vielen Meetings werden strategische und operative Themen miteinander vermischt, was dazu führt, dass die Teilnehmenden vom ursprünglichen Ziel abweichen und sich in Grundsatzfragen sowie unnötigen Diskussionen verlieren. Dies führt zu Unklarheiten über die Rollen der Teilnehmenden und das Ziel der Besprechung.
Eine effektive Lösung besteht darin, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen und verschiedene Meeting-Formate klar voneinander zu trennen. Zu den wichtigsten Formaten zählen Status-Updates, operative Meetings, Steuerungsmeetings und reguläre Arbeitsmeetings. Bewährt hat sich auch eine Unterteilung in Informationsmeetings, Diskussionsmeetings und Entscheidungsmeetings.
3. Die bestehenden Meetings verbessern
In vielen Unternehmen werden bestehende Meetings oft nicht hinterfragt, was zu ineffizienten Abläufen führen kann. Eine bewährte Methode zur Verbesserung ist die Durchführung einer kurzen Feedbackrunde am Ende jedes Meetings. Dabei sollten die Teilnehmenden evaluieren, ob das Meeting als zielführend wahrgenommen wurde und welche Aspekte verbessert werden könnten. Hilfreiche Fragen sind:
- Wie zufrieden sind wir mit dem Prozess und mit dem Ergebnis?
- Was war gut, und sollte unbedingt beibehalten werden?
- Was lief nicht so gut? Was machen wir das nächste mal anders?
Vorschläge zur Optimierung sollten direkt besprochen werden, um sofortige Anpassungen vorzunehmen. Dieses kontinuierliche Reflektieren und Anpassen fördert nicht nur produktivere Meetings, sondern stärkt auch das Engagement der Mitarbeitenden, da sie aktiv in den Verbesserungsprozess einbezogen werden. Zudem kann eine regelmäßige Überprüfung der Meeting-Kultur dazu beitragen, dass die Formate und Inhalte stets den aktuellen Bedürfnissen der Organisation entsprechen.
Survival-Tipps
- Entscheide Dich für die Reduktion von Meetings und signalisiere, dass Anwesenheit in Meetings kein Indikator für Produktivität ist.
- Lege klare Ziele und eine Agenda für jedes Meeting fest. Sorge dafür, dass nur relevante Teilnehmer eingeladen werden, um die Effizienz zu steigern.
- Entwickle Prozesse und Abläufe, wie Informationen gesichert und Entscheidungen getroffen werden, um der Angst «im Dunkeln zu tappen» entgegenzuwirken.
- Achte darauf, dass verschiedene Meeting-Formate klar voneinander getrennt werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Beteiligten fokussiert bleiben.
- Etabliere eine Meeting-Kultur, in der Fokuszeiten respektiert werden, sodass Mitarbeitende zwischendurch auch mal ungestört arbeiten können.
- Mach deinen Mitarbeitenden klar, dass Absagen und freundliches Nachfragen, ob das Meeting wirklich notwendig ist, ausdrücklich erwünscht sind.


Mario Neumann
Der Trainer und Autor schreibt seit 2021 in diesem Online-Magazin locker und pragmatisch über Projektmanagement. Für seine Arbeit wurde er schon mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Internationalen Deutschen Trainingspreis und dem Weiterbildungs-Innovationspreis. Alle seine Bücher, Seminare und Vorträge findest Du auf marioneumann.com.