Eine Gruppe macht noch kein Team
Ich stelle Menschen gerne Fragen, weil mich ihre Arbeit, ihre Strategien, ihre Standpunkte oder ihre Thesen interessieren. Für meine Kolumne NACHGEFRAGT habe ich das Gespräch mit Wolfgang Krüger gesucht. Er ist überzeugt, dass heute nicht mehr Hierarchien zählen, sondern eigenverantwortliche Mitarbeitende, die in selbstständigen Teams Spitzenleistungen erbringen. Ich habe bei Wolfgang nachgefragt, wie aus einem Team ein echtes Spitzenteam wird.
Mario: Lieber Wolfgang, lassen Sie uns mit einer grundlegenden Frage beginnen: Warum kann die Arbeit in Gruppen manchmal so mühselig und wenig fruchtbar sein?
Wolfgang: Viele Menschen haben die Erfahrung gemacht, dass Gruppenarbeit oft zäh und frustrierend ist. Der langsame Prozess und der Mangel an Erfolg führen häufig dazu, dass Teams auseinanderfallen, bevor sie ihr volles Potenzial entfalten können.
Mario: Können Sie ein konkretes Beispiel aus der Praxis nennen, das diese Problematik verdeutlicht?
Wolfgang: Ja, ein Beispiel wäre eine Projektgruppe in einem Unternehmen, die von der Geschäftsführung beauftragt wurde, Vorschläge zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den Abteilungen zu erarbeiten. Nach drei unbefriedigenden Sitzungen mit endlosen Debatten und persönlichen Konflikten fragte sich der Projektleiter, was eigentlich schiefgelaufen ist.
Mario: Was waren einige der Hauptursachen für das Scheitern dieser Gruppe?
Wolfgang: Es gibt mehrere Gründe. Oft vertreten die Mitglieder ihre eigenen Abteilungsinteressen statt die Ziele der Projektgruppe. Zudem gelang es nicht, eine klare gemeinsame Zielsetzung zu finden – viele verfolgten eigene Ziele. Einige empfanden die Teilnahme als Belastung und priorisierten ihre Hauptaufgaben höher. Auch wurden vereinbarte Zeiten und Aufgaben nicht eingehalten, was zu Frustration führte.
Mario: Gab es auch zwischenmenschliche Probleme innerhalb des Teams?
Wolfgang: Absolut! Unter den Mitgliedern gab es persönliche Konkurrenzkämpfe, und es wurde wenig offen miteinander kommuniziert. Die Loyalität zur Gruppe war gering, was das Teamklima weiter belastete.
Mario: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Schritte, um aus einer zusammengewürfelten Gruppe ein effektives Team zu entwickeln?
Wolfgang: Um ein leistungsstarkes Team zu formen, müssen wir zunächst die Interessen der Gruppe harmonisieren und klare Teamziele definieren. Es ist wichtig, der Teamarbeit Priorität gegenüber anderen Verpflichtungen einzuräumen und die Verbindlichkeit von Termin- und Aufgabenabsprachen zu erhöhen.
Mario: Welche weiteren Maßnahmen sind notwendig?
Wolfgang: Wir müssen interne Konkurrenzkämpfe beenden und die Kommunikation im Team verbessern. Außerdem sollte die Loyalität zur Gruppe gestärkt werden. Diese Aspekte sind entscheidend für den Übergang von einer schwach entwickelten Gruppe zu einem Hochleistungsteam.
Mario: Was sind einige Merkmale leistungsfähiger Teams im Vergleich zu weniger effektiven Gruppen?
Wolfgang: Leistungsfähige Teams arbeiten zielorientiert mit verbindlichen organisatorischen Absprachen zusammen und bauen Vertrauen sowie Loyalität auf. Diese Faktoren sind entscheidend für den Erfolg eines Teams.
Mario: Gibt es noch weitere Elemente, die für Spitzenleistungen erforderlich sind?
Wolfgang: Ja, Vertrauen und Loyalität allein reichen nicht aus. Es bedarf auch einer kontinuierlichen Arbeit an der Teamdynamik sowie an den individuellen Fähigkeiten jedes Mitglieds, um wirklich Spitzenleistungen zu erzielen.
Mario: Als Kinogänger frage ich mich manchmal: Warum sind Filme über einsame Helden und erfolgreiche Teams so faszinierend?
Wolfgang: Hollywood liebt sowohl einsame Helden als auch erfolgreiche Teams, weil sie uns zeigen, wie Menschen in extremen Ausnahmesituationen zusammenarbeiten. Filme über Überlebende von Flugzeugabstürzen oder eingeschlossene Passagiere vermitteln wertvolle Lektionen darüber, was ein erfolgreiches Team ausmacht.
Mario: Welche Merkmale eines erfolgreichen Teams können wir aus diesen Extremsituationen ableiten?
Wolfgang: In solchen Filmen sehen wir oft, dass es nur ein gemeinsames Interesse und ein eindeutiges Ziel gibt – das Überleben. Die Gruppe hat absolute Priorität, interne Konkurrenzkämpfe werden vermieden, und die Kommunikation ist ziel- und zweckorientiert. Vertrauen und Loyalität zur Gruppe sind entscheidend.
Mario: Was entscheidet letztlich über den Erfolg eines Teams in solchen Situationen?
Wolfgang: Der Erfolg hängt stark vom Potenzial an Wissen und Können ab, das die Teammitglieder einbringen. Wenn Organisation, Qualifikation und Kooperation gegeben sind, entsteht das richtige Synergiepotenzial für ein erfolgreiches Team.
Mario: Können Sie das Konzept der Synergie näher erläutern?
Wolfgang: Natürlich! Die Leistungen der einzelnen Teammitglieder summieren sich nicht einfach nur; durch Synergieprozesse wird die Leistungsfähigkeit der Gruppe potenziert. So können Gruppen zu Hochleistungsteams werden.
Mario: Wie können Teamleiterinnen und Teamleiter diesen Entwicklungsprozess steuern?
Wolfgang: Gruppen durchlaufen in der Regel drei Phasen auf dem Weg zu leistungsfähigen Teams. Diese Phasen verlaufen nicht immer strikt nacheinander; sie können sich überlappen oder ineinander übergehen. Es ist wichtig, dass jede Gruppe diese Entwicklungsschritte vollzieht.
Mario: Was passiert in der ersten Phase der Teamentwicklung?
Wolfgang: In der ersten Phase „formieren“ Sie Ihr Team. Das kann auf verschiedene Weise geschehen – sei es durch die Zusammenstellung eines Projektteams oder durch die Wahl einer Teamleiterin oder eines Teamleiters aus der Gruppe selbst. Die Formierung hat einen entscheidenden Einfluss auf den späteren Erfolg des Teams.
Mario: Und wie geht es in der zweiten Phase weiter?
Wolfgang: In der zweiten Phase setzen Sie konkrete Ziele und Meilensteine. Hier klären Sie die Kompetenzen des Teams und organisieren die Zusammenarbeit. Diese Orientierung ist entscheidend für eine erfolgreiche Teamentwicklung.
Mario: Was geschieht in der dritten Phase?
Wolfgang: In der Aktivierungsphase werden die Teampotenziale durch Trainingsmaßnahmen aktiviert. Hier wird deutlich, wie hoch der „Reifegrad“ des Teams ist und in welcher Entwicklungsphase es sich befindet.
Mario: Wie hilft das Drei-Phasen-Modell den Teamleitern bei ihrer Arbeit?
Wolfgang: Das Modell hilft dabei, den Reifegrad und den Leistungsstand einer Gruppe zu bestimmen sowie Maßnahmen zur Teamentwicklung systematisch in den Bereichen Organisation, Qualifikation und Kooperation zu planen.
Mario: Vielen Dank für Ihre wertvollen Einblicke! Gibt es abschließend noch etwas, das Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben möchten?
Wolfgang: Ja! Teamentwicklung ist ein fortlaufender Prozess. Es erfordert Engagement von allen Beteiligten sowie eine klare Vision und Strategie. Nur so können wir sicherstellen, dass Gruppen erfolgreich zusammenarbeiten und ihr volles Potenzial ausschöpfen können.
Mario: Lieber Wolfgang, herzlichen Dank, dass ich bei Ihnen nachfragen durfte.
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