Führung

Die Kunst des Wiederaufstehens

Von am 13.03.2025

Ich stelle Menschen gerne Fragen, weil mich ihre Arbeit, ihre Strategien, ihre Standpunkte oder ihre Thesen interessieren. Für meine Kolumne NACHGEFRAGT habe ich das Gespräch mit Karsten Drath gesucht. Er ist überzeugt, dass man nicht versuchen sollte, Herausforderungen mit Härte zu begegnen, was er bei vielen Führungskräften immer wieder erlebt. Ich habe bei Karsten nachgefragt, wie man es schafft, die eigene Resilienz zu verbessern.

Mario: Lieber Karsten, lassen Sie uns mit einer grundlegenden Frage beginnen: Warum sind berufliche Krisen ganz normal?

Karsten: Berufliche Krisen sind ein natürlicher Teil des Arbeitslebens. Jeder von uns wird irgendwann mit Rückschlägen oder Herausforderungen konfrontiert. Der entscheidende Faktor ist, wie wir mit diesen Krisen umgehen.

Mario: Was bedeutet es, konstruktiv mit Krisen umzugehen, und welche Rolle spielt dabei Resilienz?

Karsten: Konstruktiver Umgang mit Krisen bedeutet, sie als Lern- und Wachstumschancen zu betrachten. Resilienz ist hierbei von großer Bedeutung. Menschen, die resilient sind, haben die Fähigkeit, nach schwierigen Situationen wieder aufzustehen und sogar gestärkt daraus hervorzugehen.

Mario: Was genau macht Resilienz aus?

Karsten: Resilienz umfasst verschiedene Schutzfaktoren, die uns helfen, widerstandsfähiger zu werden. Dazu gehören soziale Unterstützung, emotionale Intelligenz und eine positive Einstellung. Diese Faktoren ermöglichen es uns, Rückschläge besser zu verarbeiten.

Mario: Wie lässt sich Resilienz speziell auf Führungskräfte zuschneiden?

Karsten: Für Führungskräfte ist es besonders wichtig, Resilienz zu entwickeln, da sie oft unter Druck stehen und als Vorbilder für ihre Teams fungieren müssen. Es geht darum, nicht nur eigene Rückschläge zu bewältigen, sondern auch das Team durch schwierige Zeiten zu führen und eine positive Unternehmenskultur zu fördern.

Mario: Sie erwähnten den Ursprung des Begriffs „Resilienz“. Können Sie das näher erläutern?

Karsten: Ja! Der Begriff „Resilienz“ stammt vom lateinischen Verb „resilire“, was so viel wie „zurückspringen“ oder „abprallen“ bedeutet. In der Materialwissenschaft beschreibt er die Fähigkeit eines Körpers, elastisch auf äußere Einwirkungen zu reagieren und seine ursprüngliche Form wieder einzunehmen. Übertragen auf den Menschen bedeutet dies, dass wir in der Lage sind, Krisen unbeschadet zu bewältigen und an ihnen zu wachsen.

Mario: Welche Phasen folgen typischerweise auf ein als krisenhaft erlebtes Verhalten?

Karsten: Nach einer Krise erleben viele Menschen zunächst eine Phase eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Dies kann sich durch emotionale Instabilität oder Niedergeschlagenheit äußern sowie durch mangelnde Konzentration und Energielosigkeit. Je nach Stärke der Krise und den individuellen Ressourcen kann es entweder zu dauerhaften Schäden kommen – wie etwa Depressionen – oder zur Erholung und Rückkehr zum ursprünglichen Leistungsniveau.

Karsten Drath ist Sachbuchautor mit den Schwerpunkten Führungskräfte- und Organisationsentwicklung. Er ist Unternehmer, Coach, Autor, Podcast Host, Hochschuldezent und Weltumradler. Seine Leidenschaft besteht darin, Menschen, Teams und Organisationen in Krisenzeiten zu begleiten. Er ist einer der Managing Partner von Leadership Choices, einer europäischen Unternehmensberatung mit 150 Partnern in 30 Ländern, die sich auf die Führungskräfte- und Organisationsentwicklung für internationale Kunden konzentriert. Des Weiteren ist er Mitgründer der gemeinnützigen Cosmikk-Foundation, die sich darauf spezialisiert hat, NGOs in Krisengebieten, kostenfreien Zugang zu hochwertigem Coaching zu ermöglichen.

Mario: Gibt es auch positive Ausgänge aus solchen Krisen?

Karsten: Absolut! Es gibt viele Fälle, in denen Menschen an Krisen wachsen und gestärkt aus ihnen hervorgehen. Diese Entwicklung hängt oft von der individuellen Persönlichkeit und den verfügbaren Ressourcen ab. Es ist wichtig zu erkennen, dass Krisen nicht das Ende bedeuten. Mit der richtigen Einstellung und den passenden Strategien können wir unsere Resilienz stärken und langfristig erfolgreicher werden – sowohl im Beruf als auch im Leben insgesamt.

Mario: Sie sprechen von Selbstwirksamkeit als zentraler Führungskompetenz. Warum ist diese Eigenschaften für Führungskräfte so wichtig?

Karsten: Selbstwirksamkeit spielt in der Tat eine zentrale Rolle. Wer die Havarien des Lebens als Herausforderung statt als Überforderung sehen kann, wird so emotional und mental stärker. Diese Einstellung ist vor allem eine innere Entscheidung, allerdings keine ganz einfache. Daher geht es hier um das Erlernen von Strategien, die uns dabei helfen, aus dem Opfer-Modus in den Gestalter-Modus zu wechseln. Akzeptanz, Übernahme von Verantwortung und Dankbarkeit sind hier zentrale Schlüssel zum Erfolg.

Mario: Wie lässt sich Resilienz trainieren?

Karsten: Resilienz lässt sich tatsächlich wie ein Muskel trainieren. Je häufiger und regelmäßiger man an seiner seelischen Fitness arbeitet, desto besser ist man gegen Krisen und Rückschläge gewappnet.

Mario: Können Managerinnen und Manager lernen, Krisen besser zu bewältigen? Ist das erlernbar?

Karsten: Ja, aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Resilienz in zwei Kategorien unterteilt werden kann: die „rohe“ Resilienz der Persönlichkeit und die „erlernte“ Resilienz. Letztere umfasst alle Bewältigungsstrategien und Techniken, die man im Laufe des Lebens verinnerlicht hat.

Mario: Wie sieht der Prozess aus, um an der eigenen Resilienz zu arbeiten?

Karsten: Die Arbeit an der eigenen Resilienz ist vergleichbar mit einem Fitnessprogramm. Es bringt nichts, sich nur einmal im Monat mit dem Thema auseinanderzusetzen oder ein Buch darüber zu lesen. Regelmäßiges Training – sowohl mental als auch emotional – ist entscheidend.

Mario: Was bedeutet das konkret für den Einzelnen?

Karsten: Es bedeutet, dass man sich selbst kritisch reflektieren muss und bereit sein sollte, neue Denkmuster und Verhaltensweisen auszuprobieren und in den Alltag zu integrieren. Das geht von der Erstellung eines Vision Boards über das Führen eines Tagebuchs, über sinnvolles Kalendermanagement, regelmäßige Meditation und Sport bis zur Pflege eines persönlichen Beirats. Häufig nehmen wir uns dafür keine Zeit. Doch die Schlüsselfrage lautet „Was würde ich anders machen, wenn ich mich selbst wichtig nehmen würde?“

Mario: Ist es sinnvoll, diese Arbeit alleine oder in Gruppen durchzuführen?

Karsten: Beides hat seine Vorteile. Die Arbeit alleine erfordert allerdings viel Selbstdisziplin. Die Arbeit in einer Gruppe oder vielleicht sogar mit einem Coach ist daher häufig effektiver. Der Schlüssel ist jedoch vor allem die regelmäßige Praxis über einen längeren Zeitraum.

Mario: Wann sollte man mit dem Training der inneren Widerstandsfähigkeit beginnen?

Karsten: Am besten beginnt man damit vor dem Eintreten einer schwerwiegenden beruflichen oder privaten Krise. Das innere Feuer sollte kontinuierlich geschürt werden, nicht erst dann, wenn bereits eine Krise eingetreten ist. Aber auch dann ist nicht zu spät.

Mario: Gibt es spezielle Modelle oder Ansätze zur Identifizierung von Ansatzpunkten für das Training der Resilienz?

Karsten: Ja! Das FiRE-Modell der acht Sphären der individuellen Resilienz bietet eine gute Orientierungshilfe. Es hilft dabei, mögliche Ansatzpunkte zur Stärkung der eigenen Resilienz zu identifizieren.

Mario: Viele Resilienztrainer und Coaches nutzen im Rahmen ihrer Arbeit mittlerweile das FiRE-Modell. Welche Rolle spielen diese acht Sphären bei der individuellen Resilienz?

Karsten: Die acht Sphären der Resilienz sind als Leitfaden zu verstehen. Zu ihnen gehören Persönlichkeit, Biografie, Haltung, Ressourcen, Geist-Körper-Achse, Authentische Beziehungen und Sinn. Das Ziel der Sphären ist es, zu erkennen, wie es uns gelingt, die Widerstandskraft gegen Stress in den verschiedenen Sphären zu stärken. Denn wenn wir gelassener auf Stress reagieren, schützen wir uns vor Einflüssen, die uns über einen längeren Zeitraum krank machen können.

Mario: Vielen Dank für Ihre wertvollen Einblicke! Gibt es abschließend noch etwas, das Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben möchten?

Karsten: Ja! Denkt daran: Die Arbeit an sich selbst ist nicht immer angenehm, aber sie lohnt sich auf jeden Fall. Investiert Zeit in Eure seelische Fitness – es wird Euch helfen, langfristig erfolgreich und zufrieden zu sein!

Mario: Lieber Karsten, herzlichen Dank, dass ich bei Ihnen nachfragen durfte.

Als Führungskraft dauerhaft erfolgreich

Wie entstehen erfolgreiche Karrieren? Was ist das Geheimnis langfristigen beruflichen Erfolgs? Und wie führt man Teams zum Erfolg? Karsten Drath gibt – zusammen mit seinen beiden Co-Autoren Reinhold Stritzelberger und Wolfgang Krüger – wertvolle Tipps für den Führungsalltag. Ihr Buch beschreibt, wie Du Dich an der Spitze behauptest und mit Rückschlägen auf dem Weg nach oben umgehen kannst. In seinen lesenswerten Passagen des Buches stellt Karsten Drath die häufigsten Karrierefallen vor. Darüber hinaus wird erläutert, wie Du Dir ein Mindset für dauerhafte Top-Leistung aufbaust. Außerdem erfährst Du, wie man ein Spitzenteam zusammenstellt und entwickelt. Kompakte, leicht umsetzbare Tipps und Strategien sowie zahlreiche Beispiele zeigen, wie es geht.