Einsteiger

Unliebsame Überraschungen erkennen

Von am 18.11.2024

Vor Risiken verschließt man gerne die Augen. Das gilt für große Projekte, in denen die Beteiligten selbst offensichtliche Risiken gerne einfach nicht wahrhaben wollen. Und umso mehr gilt es für kleinere Projekte: »Das wird schon hinhauen«, lautet hier meistens die Devise. Ein Fehler! Projektrisiken verschwinden nicht, nur weil man sich weigert, sie zur Kenntnis zu nehmen.

Die meisten Risiken sind vorhersehbar. Das muss auch Thomas K. zugeben, dessen neuer Lüfter ihn und sein Team vor immer neue Herausforderungen stellt. Sein Kollege hatte ihn von Anfang an gewarnt: „Nimm das Projekt nicht auf die leichte Schulter!“ Selbstsicher hatte Thomas damals abgewunken: „Karl-Heinz, mach‘ die Pferde nicht scheu! Wir haben keine Zeit, darüber nachzudenken, was übermorgen vielleicht passieren könnte.“ Spätestens jetzt muss er zugeben, dass er damals ziemlich leichtfertig argumentiert hat. Erst sitzen die Bohrlöcher an der falschen Stelle, dann schwankt die Lüfterleistung plötzlich und nun gibt es auch noch Schnittstellenprobleme bei der Steuerung.

Viele Projektleiter spekulieren darauf, das Glück werde sich der Risiken schon annehmen. Ganz wohl ist ihnen dabei jedoch nicht. Meist ahnen sie bereits kurz nach der Auftragsklärung, dass ihr Projekt eben doch einige kritische Punkte birgt. Aber anstatt auf ihre innere Stimme zu hören, verdrängen sie das ungute Gefühl. Warum die Pferde unnötig scheu machen.

Hinter jeder Ecke lauert ein Risiko. Im Grunde weiß das jeder, der die Leitung eines Projekts übernimmt. Trotzdem fallen viele Projektleiter aus allen Wolken, wenn ein solches Problem dann tatsächlich auftritt.

Foto: Foundry auf Pixabay

Risikofindung mit dem Magischen Dreieck

Für das Aufspüren der Risiken kann das Magische Dreieck eine gute Hilfe sein. Letztlich betreffen die Risiken eines Projekts immer die drei Zielgrößen Umfang, Ressourcen und Termine. Jedes Projekt birgt – in unterschiedlichem Ausmaß – drei grundsätzliche Risiken:

  • Qualitätsrisiko: Es besteht die Gefahr, dass die Projektziele nicht in vollem Umfang erreicht werden.
  • Kostenrisiko: Es besteht die Gefahr, dass das Projekt teurer und zeitaufwendiger wird als geplant.
  • Terminrisiko: Es besteht die Gefahr, dass das Projekt nicht rechtzeitig abgeschlossen werden kann.

Jedes gute Risikomanagement beginnt mit einer möglichst vollständigen Sammlung der bestehenden Risiken. Es empfiehlt sich, die Projektmitarbeiter zusammenzurufen und gemeinsam zu erörtern, welche Risiken das Projekt ernsthaft gefährden könnten. Dabei geht man nach dem Muster eines Brainstormings vor: Zunächst wird ohne Diskussion alles zusammengetragen, was den Beteiligten an möglichen Projektrisiken einfällt; erst in einem späteren Schritt folgt die Bewertung.

Die Risiken konkretisieren

Im nächsten Schritt nehmen wir die einzelnen Risiken etwas genauer unter die Lupe. Um die Analyse systematisch durchzuführen, hat sich ein »Risiko-Logbuch« bewährt. Es beschreibt die einzelnen Risiken anhand von drei Aspekten – und ist dementsprechend in drei Spalten gegliedert:

  • Ursache: In der Spalte »Ursache« stellen wir die Umstände dar, die dazu führen, dass ein Risiko eintritt. Die Ursache lässt offen, ob das Risikoereignis tatsächlich eintritt.
  • Risiko: In der Spalte »Risiko« beschreiben wir das Ereignis, das dazu führt, dass ein Schaden für das Projekt eintritt. Dabei achten wir darauf, hier nur das Risikoereignis zu schildern – noch nicht seine Auswirkungen.
  • Auswirkung: In der Spalte »Auswirkungen« schätzen wir den Schaden, der eintritt, wenn niemand auf das Risiko reagiert und keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Es geht um die Auswirkungen auf die drei Zielgrößen Qualität, Kosten und Termine.

Risiken präzise formulieren

Ein Gantt-Diagramm mag zwar einfach zu verstehen sein. Um allerdings ein Gantt-Diagramm erzeugen zu können, braucht man zunächst erst einmal einen detaillierten Projektplan. Ein Projektplan besteht aus einer Reihe von miteinander zusammenhängenden Aufgaben, die in einer bestimmten Reihenfolge abgearbeitet werden müssen.

Wenn man beispielsweise in eine neue Wohnung ziehen möchte, kann man die neue Wohnung nicht einrichten, bevor man den Mietvertrag unterschrieben hat. Man könnte allerdings das Schlafzimmer gestalten, während in der Küche die Monteure die Einbauküche montieren.

Survival-Tipps

  • Verlasse Dich besser nicht auf Dein Glück. Decke die Risiken Deines Vorhabens lieber ganz am Anfang auf, anstatt Dich später überraschen zu lassen.
  • Jedes gute Risikomanagement beginnt mit einer möglichst vollständigen Sammlung der bestehenden Risiken. Schreibe deshalb im ersten Schritt alle Risiken auf.
  • Rufe Deine Mitstreiter zusammen und erörtere gemeinsam, welche Risiken das Projekt ernsthaft gefährden könnten.
  • Lade auch Deinen Auftraggeber zur Diskussion über die möglichen Risiken ein. So bekommt er von vornherein ein realistisches Bild davon, mit welchen Schwierigkeiten er unter Umständen rechnen muss.
  • Wer Risiken benennt, sollte sich konkret ausdrücken. Also: Mache es konkret. Risiken sind immer Ereignisse, die Du auch als solche formulieren solltest.
  • Mache Dir immer wieder bewusst: Es ist völlig risikolos, die bestehenden Risiken zu benennen und aufzulisten.

Mario Neumann

Als Autor und Trainer begleite ich Dich durch die abenteuerliche Welt der Projekte. Dafür wurde ich schon mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Internationaler Deutscher Trainingspreis und dem Weiterbildungs-Innovationspreis. Alle meine Bücher, Seminare und Vorträge findest Du auf marioneumann.com.