Teamdynamiken moderieren
Moderation im team-dynamischen Kreis
10 bis 15 Teilnehmer sitzen im Kreis. Der Moderator sitzt mit im Kreis, wenn auch auf einem bevorzugten Platz mit den besten Sichtverhältnissen. Wie die Teilnehmer reagiert er auf die Interaktion. Was zeichnet einen guten Moderator aus? Sein Wirken gleicht eher einer Reaktion als einer Aktion. Das Prinzip ist: ein Aufnehmen und ein Abgeben von Impulsen.
Der Moderator ist ein Impuls-Kanal. „Kanalisierung“, nicht „Aktivierung“ ist seine Hauptaufgabe. Wie strukturiert er nun die Moderation, insbesondere bei einer neu zusammengesetzten Gruppe?
1) Die Anwesenden ansprechen: begrüßen, willkommen heißen, die Verfassung der Einzelnen wahrnehmen (Durst, Müdigkeit, Reisestress?). Fühlen sich alle wohl im Raum und auf ihren Plätzen? Der Moderator darf nicht vergessen sich vorzustellen, falls er nicht schon bei allen Teilnehmern bekannt ist.
2) Die Ziele klären: Auch wenn bekannt, müssen die Ziele, das Thema oder die Tagesordnung der Veranstaltung noch mal vorgestellt, gegebenenfalls erläutert werden.
3) Die Rollen klären: Wer ist heute Co-Moderator? Wer sind die Teilnehmer? In welcher Funktion nehmen sie teil? Alle Anwesenden sollen persönlich und in ihrer Funktion gewürdigt werden. Gibt es Fraktionen? Wer ist teilnehmender Beobachter? Wer ist Gast?
4) Den Ablauf vorzeichnen: Pausen schon ankündigen. Das Ende der Veranstaltung festlegen. Wer hat wie lange Zeit? Wer muss früher gehen?
5) Die Anwesenden integrieren: Jeder sollte sich selbst vorstellen, nicht nur mit Namen, auch mit seinen Interessen und den Gründen für sein Dabeisein. Eventuell die Teilnehmer bitten, dazu aufzustehen. Im team-dynamischen Kreis ist es üblich, dass jeder in die Mitte geht und jedem einmal in die Augen schaut.
6) Dann losarbeiten! Jeder Teilnehmer wird einbezogen und ist wichtig. Der teamdynamische Prozess soll in Gang gesetzt und im Rahmen gehalten werden. Übungen, Dialoge, Statements und Inszenierungen werden in eine zeitliche Reihenfolge gebracht und zu einem Gesamterlebnis verknüpft. Die individuellen Potenziale sollen zur Geltung kommen. Dabei darf das gesamte Team mit seinen Bedürfnissen nicht aus dem Blick geraten. Stürmische Typen werden vorsichtig gebremst, zurückhaltende werden aktiviert, einfühlsam angesprochen und um einen Beitrag gebeten. Dabei bilden die Informationen zusammen mit der Emotion und Motivation der Teilnehmer die zu moderierende inhaltliche Substanz.
7) Auf Störungen reagieren: Bei Störungen den Dialog unterbrechen, bis die Ruhe wieder hergestellt ist. Zu-spät-Kommende werden angemessen begrüßt und integriert, Früher-gehen-Müssende
werden verabschiedet. Keiner soll sich „dazuschmuggeln“ oder „davonstehlen“. Pannen, plötzliche Geräusche, Handy-Klingeln, Hustenanfälle, Gewitter etc. nicht ignorieren, sondern humorvoll
ansprechen.
8) Die Zeit im Auge behalten: Eine team-dynamische Veranstaltung soll einen festen Rahmen bieten; in diesem soll das Wesentliche stattfinden. Zeitraubende rhetorische Exkursionen sollen vermieden werden. Die Teilnehmer wollen sich auf ein pünktliches Ende verlassen.
9) Zum Schluss: Jeder bekommt noch einmal das Wort, um eventuell unerledigte Angelegenheiten anzusprechen, um erfüllte oder noch offene Wünsche mitzuteilen oder auch um Dank auszusprechen. Dabei geht es team-dynamisch reihum, oder jeder gibt noch ein Abschlussstatement in der Mitte. Ganz zum Schluss allen für ihr Mitmachen danken, eine gute Fahrt wünschen und gute Worte mit auf den Weg geben. Sollte es mal nicht so harmonisch abgelaufen sein, dann passt der Spruch: „Wir freuen uns, dass es vorbei ist, und wir freuen uns, dass es gewesen ist.“


Foto: Matjaz Slanic auf istockphoto
Moderieren bedeutet:
Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen, Verhalten und Äußerungen miteinander zu verbinden, auszugleichen und in einen größeren Zusammenhang zu stellen, zum Beispiel in einer Fernsehsendung oder einer Podiumsdiskussion, speziell auch in team-dynamischen oder gruppendynamischen Veranstaltungen. Ein Moderator ist ein Leiter, Lenker, Mäßiger. Das Wort leitet sich von (lat.) moderatus ab, was ruhig, besonnen und gemäßigt bedeutet. Ein Moderator versteht es also, Emotionen unter den Beteiligten zu mäßigen und Wogen zu glätten, so dass alle gut miteinander auskommen. Der Moderator eröffnet und beschließt den Workshop.
Wie verabschiedest du Teilnehmer, die früher gehen müssen?
- Zu Beginn kündigst du an, wie lange die Session dauern soll und dass es wichtig ist, dass alle Teilnehmer bis zum Ende dabei sind. Denn die Methode der Angewandten Teamdynamik kann man nur erfahren und lernen, wenn man im Team anwesend ist, und zwar von Anfang an bis zum Ende.
- Du fragst: Ist hier jemand, der heute aus dringenden Gründen früher gehen muss? Wenn sich jemand meldet, fragst du ihn, bis wann er spätestens die Gruppe verlassen muss.
- Du merkst dir die Uhrzeit und versprichst diesem Teilnehmer, dass er sich rechtzeitig verabschieden kann, so dass es gut in den Ablauf hineinpasst.
- Wenn es dann so weit ist, bittest du den Teilnehmer, in die Mitte zu treten und sich von der Gruppe zu verabschieden. In der Regel wird er in etwa sagen, dass es ihm leid tut, dass er schon gehen muss, aber dass er froh ist, bis hierher dabei gewesen zu sein, dass er widerkommen will. Und er wird vielleicht noch ein Feedback geben und benennen, was er – trotz der verkürzten Anwesenheit – mitnimmt. Er wird wahrscheinlich einen Applaus bekommen.
- Du sagst dem Teilnehmer, dass er seinen Stuhl nicht selbst aus dem Kreis entfernen soll. Das machen die anderen, denn sie haben ihm den Platz gegeben.
- Dann rücken zwei Teilnehmer ein wenig auseinander, so dass sich eine Gasse zeigt, durch die der sich verabschiedende Teilnehmer den Kreis verlassen kann, ohne sich irgendwo durchquetschen zu müssen.
- Ein aufmerksamer Teilnehmer steht auf und begleitet den Teilnehmer, der den Kreis verlässt, bis zur Tür. Die Gruppe, die im Kreis verbleibt, beobachtet das Geschehen, winkt zum Abschied und ruft noch ein freundliches Tschüss. Der Begleiter hält dem Gehenden die Tür auf, wirft ihm noch einen freundlichen Blick zu. Alles in allem: ein Abschied in Würde.
- Damit ist die Gruppe um einen Teilnehmer geschrumpft. Jemand nimmt den leeren Stuhl raus und der Kreis wird wieder neu ausgerichtet. Jeder wird ein wenig rücken müssen, damit der
Kreis wieder rund und geschlossen ist. Die Gruppe bekommt ein neues Vollständigkeitsgefühl. - Wenn Teilnehmer dabei sind, die diese Zeremonie noch nicht kennen, kannst du den Sinn erläutern: Der team-dynamische Kreis ist eine Form, die am besten funktioniert, wenn sie fest und vollständig ist. Jeder ist wichtig und soll persönlich willkommen sein. Jeder trägt zur Atmosphäre bei. Jedes Mal, wenn jemand hinzukommt oder ausscheidet, ändert sich die Atmosphäre wie auch das latente Beziehungsgeflecht. Das ist eine Zäsur für den sozio-emotionalen Prozess in der Gruppe. Niemand kann sich unauffällig hinzugesellen oder heimlich aus dem Staub machen.
- Jeder, der die Zeremonie miterlebt, nimmt zur Kenntnis: Hier ist jeder wichtig und willkommen. Auch ich gehöre dazu, werde gesehen und gut behandelt. Meine Bedürfnisse werden akzeptiert, auch wenn ich früher gehen muss.
Der Moderator als Wächter der Zeit
Da Moderation meist in einem vorgegebenen zeitlichen Rahmen eingesetzt wird, ist das Einteilen und Beachten der Zeit eine der wichtigsten Aufgaben des Moderators. Einerseits möchte jeder Teilnehmer genug Zeit haben, um sich durch Beiträge oder in Gesprächen zu entfalten, andererseits wächst sein Unmut, wenn der vorgegebene zeitliche Rahmen nicht eingehalten wird. Es kann
auch zu Spannungen in der Gruppe kommen, wenn bei einzelnen Teilnehmern der Eindruck entsteht, dass Zeit ungleich und ungerecht verteilt wird, wenn sich etwa ein einzelner Teilnehmer besonders lange Redezeiten herausnimmt und dies für andere zu Lasten der verfügbaren eigenen Redezeit geht.


Mario Neumann
Als Autor und Trainer begleite ich Dich durch die abenteuerliche Welt der Projekte. Dafür wurde ich schon mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Internationaler Deutscher Trainingspreis und dem Weiterbildungs-Innovationspreis. Alle meine Bücher, Seminare und Vorträge findest Du auf marioneumann.com.