Well Team Times Nr. 296

Schon mal mit Wertschätzung probiert?

Von am 24.07.2025

Wertschätzung – Schlüssel zur guten Beziehung

Wir kennen die Gespräche, in denen es darum geht, wie etwas gesagt wurde. Wir fühlen uns angegriffen und streiten mehr über die Art und Weise als über den Inhalt. Wir streiten auf einer Nebenbaustelle, die mit dem eigentlichen Thema nicht mehr viel zu tun hat.

Was wir sagen, können wir begreifen und erklären. Wie wir etwas sagen, betrifft die Gefühlsebene und ist Ausdruck unserer Beziehung zum Gegenüber. Stimmt die Art und Weise, wie etwas gesagt wird? Können wir den Gegenstand des Gespräches ohne Probleme aufnehmen?

Wenn das Wie nicht stimmt, können wir das Gesagte auch nicht verstehen. Die Art und Weise, wie etwas gesagt wird, ist Grundvoraussetzung für gute Kommunikation. Sie trägt maßgeblich zu einer funktionierenden Beziehung bei.

Das Besondere am Wie ist, dass es immer direkt mit der Person selbst verbunden ist. Wie jemand kommuniziert, drückt immer auch seine Werte, seinen Charakter, seine Stärken und Schwächen aus – bewusst und auch unbewusst. Wenn wir also jemanden partout nicht ausstehen können, wird es uns schwerfallen, selbst guten Argumenten etwas Positives abzuringen. Und wenn wir jemanden ins Herz geschlossen haben, werden wir uns leichttun, ihm gewagte oder auch verletzende Äußerungen zu verzeihen oder darüber hinwegzusehen.

Bewertung und Wertschätzung

Wir kommen nicht umhin, jeden Gesprächspartner, nach unserem Gefallen zu bewerten. Diese ur-menschliche Reaktion können wir steuern. Wir können einen Umgang damit finden, indem wir uns die unterschiedlichen Ebenen bewusstmachen, auf denen wir kommunizieren, indem wir unsere Gefühle wahr- und ernstnehmen und indem wir uns aktiv von Bewertungen befreien und sie in wertschätzendes Verhalten verwandeln.

Es beginnt mit der Anerkennung dafür, dass der andere sich Zeit für uns nimmt und Interesse an uns hat bzw. daran, sich auszutauschen, oder auch auseinanderzusetzen.

Bedürfnisse hinter den Worten

Egal, ob die Verletzung beabsichtigt war oder nicht: Wir können für uns etwas lernen. Immer wenn wir im Gespräch Verletzung, Wut, Trauer oder Ärger bei uns wahrnehmen, wenn wir negative Gefühle empfinden, sind das Hinweise auf unsere dahinterliegenden Bedürfnisse, etwa verstanden zu werden. Oder wir haben den Wunsch nach Unterstützung. Wir können negative Gefühle, die wir in einem Gespräch empfinden, als Warnsignal verstehen. Mit welcher Bemerkung oder Geste hat unser Gegenüber das Gefühl ausgelöst und welches Bedürfnis wird damit unterdrückt? Welches Bedürfnis haben wir, das bisher unerfüllt geblieben ist? Wenn wir für uns Klarheit gewonnen haben, was da erfüllt sein möchte, dann können wir versuchen, unserem Gegenüber mitzuteilen, von was wir getriggert werden und warum das so ist. Für den anderen ist es leichter, unser Verhalten zu verstehen, wenn wir ihm das erklären.

Je unangenehmer, ärgerlicher, emotionaler das Wie eines Dialogs zum Ausdruck kommt, desto stärker ist das Bedürfnis dahinter und desto dringender möchte es Erfüllung finden. Wenn wir unserem Gegenüber Offenheit entgegenbringen und ihm Raum geben wollen, sich zu verhalten, wie es ihm entspricht, dürfen wir uns nicht vom ersten Eindruck und voreiligen Schlüssen leiten lassen.

Foto: Matjaz Slanic auf istockphoto

Haltung und Verhalten

Haltung ist die mentale Ausgangsposition für Verhalten.
Das Zauberwort ist Vertrauen:
Vertrauen in uns selbst und Vertrauen darauf …

  • dass der andere uns in bester Absicht begegnet und im Rahmen dessen, was er für möglich hält, sein Bestes tut
  • dass wir einen Umgang mit dem anderen finden
  • dass wir seine Stärken erkennen, seine Schwächen tolerieren
  • dass wir klare Grenzen ziehen und uns wehren, bevor der andere sie überschreitet

Der Schlüssel zu einer offenen, vorurteilsfreien und wertschätzenden Haltung liegt also in uns. Wie begegnen wir einander wertschätzend – ohne zu bewerten?

Bringe dem Gesprächspartner Respekt entgegen

Eine offene Körperhaltung und Augenkontakt gehören zum respektvollen Verhalten. Damit schaffst du eine Basis für gute und offene Kommunikation und es gibt dir gleichzeitig eine starke und unangreifbare Position. Aber bedenke: Es ist ein Angebot. Wenn dein Gegenüber dein respektvolles Verhalten ablehnt, ist das in Ordnung. Dann wird er das deutlich zeigen – und du weißt, wie du dran bist, ohne dadurch verletzt zu werden.

Zeige Empathie

Wir wollen gesehen werden, mit allem, was uns bewegt. So auch dein Gegenüber. Bringe ihm Verständnis für seine Sicht der Dinge, für seine Gedanken und Sorgen entgegen. Du musst sie nicht zu deinen machen oder voll und ganz teilen.

Wichtig ist nur, dir vorzustellen, wie die Situation für die andere Person ist und was sie dabei beschäftigt, was sie dazu antreibt, warum sie so oder so reagiert.

Höre aktiv zu

Aktives Zuhören ist wertschätzend. Diese von einem humanistischen Menschenbild geprägte Gesprächstechnik legt besonderen Wert auf Begegnung. Sie schließt die emotionale Ebene, nonverbale Äußerungen und gegenseitiges prinzipielles Wohlwollen ein.
Das aktive Zuhören grenzt sich von der Echo-Technik ab, in der nur mechanistisch das letzte Wort des Gehörten wiederholt wird. Auch verzichtest du auf die Umschreibung des Gesagten durch andere sprachliche Ausdrücke, welche den kognitiven Anteil der aufgenommenen Botschaft zurückgibt.

Dabei geht es darum, sich auf die Gesprächsinhalte und dahinterliegenden Beweggründe der anderen Person zu konzentrieren, ohne sie zu bewerten oder mit eigenen Erlebnissen zu spiegeln.

Vermeide Vorwürfe und Anschuldigungen

Besonders in Konflikten oder Krisengesprächen neigen wir dazu, unser Gegenüber für dies und jenes zu beschuldigen, um den Streit zu gewinnen. Doch der Preis für ein solches Verhalten ist hoch. Denn dadurch wird sich die Person angegriffen fühlen und sich wahrscheinlich zurückziehen oder alle ihre Vorwürfe herausholen, die dich verletzen. Auf dieser Ebene gibt es nichts zu gewinnen. Damit greift ihr euch als Menschen an und zerstört eure Beziehung. Die Auseinandersetzung gemeinsam beilegen könnt ihr nur, wenn ihr nach inhaltlichen Lösungen sucht. Und du musst damit anfangen, egal, was dein Gegenüber tut. Zu verlieren hast du nichts.

Deine wertschätzende Haltung

Versuche, eine wertschätzende Haltung zu finden, egal ob du dich von deinem Gegenüber verletzt oder nicht wertschätzend behandelt fühlst. In jedem Fall hilft es, dir bewusst zu machen, dass im Normalfall niemand den anderen extra und voll bewusst verletzen will. In häufigen Fällen liegt ein Verständigungsproblem vor. Dieses ist aus einem unterschiedlichen Bewertungsmuster entstanden.

Wir alle bewerten das, was gesagt wird. Wir hören den Gesprächsinhalt und beginnen sofort zu interpretieren. Das fängt häufig schon mit dem allgemeinen Eindruck von der Person an. Wie gut ein Gespräch verläuft, können wir niemals allein bestimmen. Aber wir können einen Teil dafür tun, dass beide auf Augenhöhe, konstruktiv und zugewandt miteinander reden und damit eine vertrauensvolle und stabile Beziehung aufbauen. (Vgl. bei Maja Günther, Diplom-Soziologin und systemische Coach)

Mario Neumann

Als Autor und Trainer begleite ich Dich durch die abenteuerliche Welt der Projekte. Dafür wurde ich schon mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Internationaler Deutscher Trainingspreis und dem Weiterbildungs-Innovationspreis. Alle meine Bücher, Seminare und Vorträge findest Du auf marioneumann.com.