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Mit minimaler Kraft voraus

Von am 27.10.2025

Ein Projektleiter hat es immer wieder auch mit Mitarbeitern zu tun, deren Leistung hinter den Erwartungen zurückbleiben. Das ist frustrierend – vor allem dann, wenn man nicht so recht weiß, wie man das Thema ansprechen soll. Dabei hat fast jedes Projekt seine Low Performer! Es gehört schlicht zum Handwerk eines Projektleiters, mit ihnen richtig umzugehen.

Bereits in den ersten Besprechungen fielen der Projektleitern Corinna M. einige Teammitglieder auf, die offenbar nicht so recht mitzogen. Insgesamt machte das Team aber einen engagierten Eindruck, und so wartete die Projektleiterin erst einmal ab. Sie nahm sich vor, die betreffenden Mitarbeiter zu beobachten und Beispiele für Minderleistungen zu sammeln. Man könnte es aber auch so sagen: Corinna M. wurschtelte sich durch und hoffte, die Projektarbeit würde dennoch gelingen. Als dann die ersten Schwierigkeiten auftauchten, war es fast schon zu spät, sich um die Low Performer in ihrem Team zu kümmern. Sie musste viel Zeit und Energie aufwenden, um ihr Projekt noch zu retten.

Mehr denn je fallen heute in einem Projektteam Low Performer, Schlecht- oder Minderleister ins Gewicht. In der Vergangenheit konnte das Projektteam häufig noch die Minderleistung eines einzelnen Teammitglieds auffangen. Heute ist das Arbeitspensum in der Regel so hoch, dass fehlender Einsatz kaum mehr durch die anderen kompensiert werden kann. Sehr schnell sind daher die Ergebnisse einzelner Arbeitspakete und am Ende das Projektziel gefährdet.

Ein Projektleiter darf nicht dulden, dass sich einzelne Projektmitarbeiter auf Kosten anderer ausruhen. Hier sollte er schnell und früh reagieren. Ein zu spätes und demzufolge hartes Durchgreifen zeugt nicht von Führungskompetenz, sondern wird leicht als Zeichen von Hilflosigkeit interpretiert – was den Unmut im Team zusätzlich schürt.

Foto: H. Hach auf Pixabay

Vorbeugen ist besser als Nachsorgen

Von Low Performern geht ein erhebliches Projektrisiko aus. Als Projektleiter solltest Du daher alles daran setzen, diese Mitglieder schon bei den ersten Besprechungen zu erkennen. Oft bieten sich schon sehr früh Möglichkeiten, die Leistungsfähigkeit oder Leistungsbereitschaft eines Mitarbeiters zu testen – etwa durch die Vergabe bestimmter Aufgaben, die es Ihnen erlauben, sich eine fundierte Meinung zu bilden. Schaffe also Testsituationen, um die Low Performer aufspüren. Und reagiere dann rasch, damit sich der Schaden in Grenzen hält.

Bewährt haben sich auch Einzelgespräche mit allen Mitarbeitern zu Projektbeginn. Im direkten Gespräch lässt sich ein recht gutes Bild gewinnen – von der fachlichen Kompetenz eines Mitarbeiters, vor allem aber von seiner Einstellung und Motivation gegenüber den anstehenden Projektaufgaben. Oft reichen wenige gezielte Fragen, um das Gespräch auf die im Projektverlauf erfolgskritischen Punkte zu lenken und die Verlässlichkeit des Mitarbeiters zu erkennen.

Ursachen im Einzelgespräch differenzieren

Typisch ist das zuwartende Verhalten von Projektleiterin Corinna M., die einen Low Performer erst einmal beobachtet und Indizien für Minderleistungen sammelt. Ist das „Sammelmarkenheftchen“ voll, sucht sie das „klärende Gespräch“ mit dem Mitarbeiter und hält ihm alles vor, was sie beobachtet und notiert hat. Solche Gespräche laufen schnell aus dem Ruder: Der Anschuldigung folgt die Verteidigung, der Anklage die Gegenklage – von lösungsorientiertem Verhalten keine Spur.

Was ist die Alternative? Bevor es zum Gespräch kommt, sollte erwiesen sein, dass an den Schwierigkeiten im Projekt tatsächlich der betreffende Mitarbeiter schuld ist. Prüfe deshalb, ob es sich bei diesem Teammitglied wirklich um einen Low Performer handelt. Möglicherweise weist das gesamte Team Schwächen auf – und das Problem liegt nicht an der mangelnden Leistung eines einzelnen Mitarbeiters, sondern an Mängeln in der Projektplanung oder in den Arbeitsabläufen.

Ist die Minderleistung des Mitarbeiters offensichtlich, können die Gründe dafür ganz unterschiedlich sein. Wenn Du das Gespräch mit ihm führst, solltest Du deshalb die Ursache in Erfahrung bringen:

  • Überforderung: Liegt die Unfähigkeit des Mitarbeiters, die Projektaufgabe ordentlich zu erledigen, möglicherweise daran, dass Du ihn nicht ausreichend instruiert hast? Oder war er mit dieser Aufgabe überfordert?
  • Unwilligkeit: Ganz anders „anpacken“ wirst Du den Mitarbeiter, wenn sich herausstellt, dass er schlicht keine Lust hatte, sich der Projektaufgabe zu widmen.
  • Fremdbestimmung: Möglicherweise war der Mitarbeiter auch fremdbestimmt, zum Beispiel weil sein Linienvorgesetzter ihn zusätzlich beansprucht hat. Wenn zuwiderlaufende Prioritäten, widerstrebende Interessen oder Arbeitsabläufe das Handeln des Mitarbeiters beeinflussen, kannst Du ihn kaum für eine schlechte Leistung verantwortlich machen.

Nur nicht in die Harmoniefalle tappen

Viele Projektleiter schieben das Low-Performer-Problem vor sich her, weil sie das gute Verhältnis zu ihren Mitarbeitern nicht stören wollen. Sie scheuen davor zurück, Druck auszuüben oder Vorwürfe zu machen – und stecken damit in der Harmoniefalle fest. Meistens liegt ihr Problem darin, dass sie nicht wissen, wie sie mit den betreffenden Mitarbeitern umgehen sollen. Die Lösung kann natürlich nicht über Druck, Vorwürfe oder Wutausbrüche erfolgen, sondern liegt tatsächlich in einem klärenden Gespräch. Helfen kann hier ein Gesprächsleitfäden für schwierige Mitarbeitergespräche.

Nicht immer merkt ein Mitarbeiter, wenn seine Leistung nachlässt. In diesem Fall ist es Deine Aufgabe, ihn darauf aufmerksam zu machen: Vergleiche im Gespräch mit dem Mitarbeiter seine Ergebnisse mit den vereinbarten Aufgaben. Halte gemeinsam die Gründe für die Defizite fest – und entwickele daraus konkrete Ziele, um die Leistung zu verbessern.

Der Mitarbeiter ist nun gefordert, die festgelegten Ziele zu erreichen. Als Projektleiter solltest Du ihn dabei bestmöglich unterstützen und ihm zeigen, dass Du nach wie vor hinter ihm stehst. Das motiviert ihn und stärkt sein Selbstwertgefühl.

Gib dem Mitarbeiter immer wieder Feedback. Bestätige und bestärke ihn, wenn er auf einem guten Weg ist, aber korrigiere auch, wenn er etwas verbessern sollte. Nur so findest Du auf einen gemeinsamen Weg zurück.

Survival-Tipps

  • Führe zu Beginn des Projekts mit allen Teammitgliedern ein Einzelgespräch. So erkennst Du die persönlichen Defizite und die Risiken, die dem Projekt daraus erwachsen können.
  • Erkenne die Low Performer! Das Schlimmste, was Du tun kannst, ist abzuwarten und darauf zu hoffen, dass sich das Problem in Luft auflöst. Das wird nicht geschehen.
  • Schaffe von Beginn an Situationen, die es Dir erlauben, die Motivation und Leistungsfähigkeit Deiner Mitarbeiter zu erkennen.
  • Spreche mangelhafte Leistungen unmittelbar an – und ergründe im direkten Gespräch die Ursachen.
  • Reduziere gegenüber Low Performern nicht Deine Erwartungshaltung, sonst demotivierst Du Deine Topleute – und das Leistungsniveau Deines Teams sinkt rapide.
  • Wenn Du eine gemeinsame Basis für die weitere Zusammenarbeit findest, ist es Deine Aufgabe, den Mitarbeiter nach Kräften zu unterstützen. Fehlt diese Basis, sollte es zur Trennung kommen.

Mario Neumann

Der Trainer und Autor schreibt seit 2021 in diesem Online-Magazin locker und pragmatisch über Projektmanagement. Für seine Arbeit wurde er schon mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Internationalen Deutschen Trainingspreis und dem Weiterbildungs-Innovationspreis. Alle seine Bücher, Seminare und Vorträge findest Du auf marioneumann.com.