Well Team Times Nr. 275

Selbstbewusstsein – Selbstvertrauen – Selbstwertgefühl

Von am 16.10.2023

Diese drei Wörter faszinieren uns: Wir hätten gern alle drei als unsere Eigenschaften. Wer hätte nicht gern ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein? Wer wäre nicht gern voller Selbstvertrauen? Wer hätte nicht gern ein stabiles, gesundes Selbstwertgefühl? Es sind Eigenschaften, Qualitäten, Lebenskonzepte, die alle drei für uns in die gleiche Richtung gehen: Wir fühlen uns gut damit.

  • Beim Selbstbewusstsein achten wir uns selbst in dem Bewusstsein, dass wir als ein Individuum am Leben sind, dass wir mit Würde leben und dass wir mit Qualitäten und Kompetenzen ausgestattet sind.
  • Beim Selbstvertrauen schauen wir darauf, was wir uns zutrauen. Es geht um unsere Fähigkeiten, die wir einschätzen müssen, um gewisse Wagnisse einzugehen. Unser Selbstvertrauen wächst mit dem, was wir uns wagen.
  • Beim Selbstwertgefühl fragen wir uns, wie viel wir wert sind, zum Beispiel in der Partnerschaft, in der Familie, im Team. Wir forschen nach dem Wert, den wir verkörpern, vielleicht auch nach dem Preis, den wir für unsere Bereitschaft fordern können, oder dem Lohn, den wir für unseren Einsatz erwarten dürfen. Was wir uns wert sind, können wir nicht messen, wiegen oder zählen. Wir können es fühlen, leider nicht immer so eindeutig.

Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl

sind schwer auseinanderzuhalten, sie bedingen sich gegenseitig. Mit dem Selbstbewusstsein wächst auch das Selbstvertrauen und mit ihm auch das Selbstwertgefühl. Dass wir wertvoll sind, ist ein Geschenk, das wir uns nicht verdienen müssen. Wir kennen diese glücklichen Momente, wo das Leben einfach schön ist und wir uns selbst als wertvoll erachten, ohne dass wir „Großes“ vollbringen müssen, um unseren Wert zu beweisen. Leider stehen wir uns selbst allzu oft im Weg und halten an der Vorstellung fest, unzulänglich oder minderwertig zu sein.

Unser Selbstwert ist der Wert, den wir uns selbst, unserer Persönlichkeit, unserer Fähigkeit und Wirksamkeit beimessen. Da uns der direkte Zugang zu unserem Selbstwert oft verlorengegangen
ist, machen wir unseren Wert an Äußerlichkeiten fest, an Geld und Gewinn, Macht und Einfluss, Ansehen und Aussehen. Wir strengen uns an, das Gefühl für unseren Wert zurückzuerlangen, und gleichzeitig spüren wir tief in uns ein nagendes Gefühl von Minderwertigkeit. Um diesen Schmerz nicht zu spüren, entwickeln wir Abwehrmechanismen. Doch eine offene und akzeptierende
Auseinandersetzung mit den in uns wirkenden Mechanismen bringt uns ein Gefühl von Würde zurück. Die Erkenntnis, dass das Gefühl von Minderwertigkeit ein Missverständnis ist, kann unser Selbstwertgefühl heilen.

Foto: Matjaz Slanic auf istockphoto

Unser Selbstwertgefühl, das Bild, das wir von uns selbst haben, formt uns. Es entscheidet darüber, ob wir uns geliebt oder ungeliebt fühlen, ob wir harmonische oder schwierige Beziehungen haben, ob wir glücklich oder unglücklich sind. Wenn wir unseren eigenen Wert nicht erkennen können oder uns selbst sogar abwerten, dann schädigen wir uns und vergiften unsere Beziehungen zu anderen Menschen.

Ein negatives Selbstwertgefühl ist Ursache vieler seelischer Probleme. Mangelnder Selbstwert führt zu Aggression, Depression, Neid, Wut, Eifersucht, Ängsten, Hemmungen oder Unsicherheiten. Diese manifestieren sich dann etwa in mangelhaften Arbeitsergebnissen, Partnerschaftsproblemen, Einsamkeit, Magersucht, Übergewicht, Alkoholismus, Zwangshandlungen

Ansatz
Wie viel bin ich wert? Woran messe ich meinen Wert? Wie steht es mit meinem Selbstwert?

Philosophischer Ansatz: Absoluter Selbstwert

  • „Die Existenz hat mich geschaffen. So wie ich bin, bin ich ein
    Wunschkind Gottes.“
  • „Das Universum wertet nicht, es hat mich so geformt und so
    gewollt. Da ist es überflüssig, über meinen Wert nachzudenken.“
  • „Die Natur hat mich wachsen lassen. Die Naturgesetze sind
    absolut, niemand kann sie außer Kraft setzen, wir können sie nur
    respektieren.“

Dieser absolute Wert, der mir durch höhere Mächte (Gott, Universum, Natur) zugesprochen ist, hält mich, solange ich lebe. Ich brauche mir also um meinen Wert keine Gedanken zu machen. Ich brauche ihn nicht nachzuweisen.

Soziologischer Ansatz: Relativer Selbstwert

Ich bin so viel wert, wie ich den anderen wert bin. Mein Beitrag kann verglichen und gemessen werden. Darum gebe ich mir jegliche Mühe, ein wertvolles Mitglied der Familie, Firma, Gemeinschaft zu sein. Und so habe ich meinen Wert in gewissen Grenzen selbst zu verantworten. Hier liegen auch die tieferen Gründe für meinen Fleiß, meine Moral und mein Durchhaltevermögen. Ich bin abhängig von der Anerkennung und Wertschätzung durch die anderen. Ich muss mich relativieren.

Psychologischer Ansatz: Subjektiver Selbstwert

Ich betrachte und bewerte mich selbst als Person. Und so bin ich zugleich Subjekt und Objekt dieser Bewertung. Da ich hierfür kein Messinstrument habe, verlasse ich mich auf mein Gefühl, das ist mein Selbstwertgefühl. Ich fühle meinen Wert an der Freude und Erfüllung, die ich erlebe. Dieses Erleben ist gefärbt durch meine Prägung, Erziehung und Erfahrung. Ist mein Selbstwertgefühl gut, dann mache ich mein Ding. Das bedeutet nicht, dass ich die Ellenbogen ausfahre und zum Egoisten werde. Es bedeutet nur, dass ich auch für mich sorge und meine Ziele im Auge behalte.
Übersicht: Drei Ansätze zum Selbstwert, sie existieren gleichzeitig im Bewusstsein

Ob ich mutig oder ängstlich bin, eine Führungskraft oder ein Duckmäuser, ob ich im Leben auf der Gewinner-oder Verliererseite stehe, hängt sehr von der Einstellung ab, die ich zu mir selbst habe: Was bin ich wert? Bin ich überhaupt etwas wert? Menschen mit schlechtem Selbstwertgefühl haben grundsätzlich etwas an sich zu kritisieren. Sie halten sich für zu klein, zu groß, zu dick, zu dünn, sie haben eine zu große oder zu kleine Nase, zu kurze oder zu krumme Beine, zu helle oder zu dunkle Haut. Sie sind zu schnell, zu langsam oder zu ungeschickt. Oder können sie doch mithalten? Sie vergleichen sich ständig mit anderen und finden immer jemanden, den sie für attraktiver, intelligenter und tüchtiger halten. Da sie sich selbst wenig oder gar nicht schätzen, ist ihnen die Meinung der anderen sehr wichtig. Sie knüpfen ihr Selbstwertgefühl daran, was die anderen von ihnen denken. Wenn aber jemand sein Selbstwertgefühl von der Meinung anderer abhängig macht, dann gehen seine Gefühle rauf und runter: Er ist mal himmelhoch jauchzend, mal zu Tode betrübt. Sagt jemand etwas Positives, dann wächst er um zehn Zentimeter. Sagt jemand etwas Negatives, dann wird er auf einmal ganz klein.
Aber selbst anerkennende Worte befriedigen einen Menschen mit fehlendem Selbstwert nicht nachhaltig. Er hat sich so sehr auf seine Minderwertigkeit eingestellt, dass er an den Worten der anderen zweifelt. Anerkennende Worte sind ihm unangenehm und er tut alles, um vor anderen nicht zu positiv dazustehen. Er kultiviert Bescheidenheit in übertriebenem Maße. Menschen mit fehlendem Selbstwert sehen die leiseste Kritik oder das Ausbleiben lobender Worte als Beweis dafür, dass ihre negative Selbsteinschätzung richtig ist. Sie sind stets auf der Suche nach Bestätigung. Sie sagen ja, auch wenn sie nein sagen möchten, und stecken so ihre eigenen Bedürfnisse immer wieder zurück. ap

Mario Neumann

Als Autor und Trainer begleite ich Dich durch die abenteuerliche Welt der Projekte. Dafür wurde ich schon mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Internationaler Deutscher Trainingspreis und dem Weiterbildungs-Innovationspreis. Alle meine Bücher, Seminare und Vorträge findest Du auf marioneumann.com.