Kommunikation

Digitale Kommunikation in der Führung

Von am 30.01.2025

Ich stelle Menschen gerne Fragen, weil mich ihre Arbeit, ihre Strategien, ihre Standpunkte oder ihre Thesen interessieren. Für meine Kolumne NACHGEFRAGT habe ich das Gespräch mit Jakob Lipp gesucht. Der Bühnen-Profi ist überzeugt, dass kommunikative Kompetenz der Schlüssel ist zum Erfolg. Ich habe bei Jakob nachgefragt, wie die digitale Kommunikation Führungskräfte verändert hat.

Mario: Lassen Sie uns gleich mit etwas Grundsätzlichem beginnen: Wie unterscheidet sich digitale Kommunikation von analoger Kommunikation?

Jakob: Digitale Kommunikation ist mehr als nur eine von zwei Kommunikationsarten. Sie ist ein mehrschichtiger Begriff, der in der Kommunikationswissenschaft zwei grundverschiedene Sachverhalte beschreibt. Zum einen bezieht sie sich auf den zwischenmenschlichen Informationsaustausch mittels Sprache und Schrift, zum anderen auf die Nutzung digitaler Medien, wie das Internet.

Mario: Gibt es noch weitere Aspekte der digitalen Kommunikation?

Jakob: Ja, zusätzlich versteht man unter digitaler Kommunikation auch den Austausch digitaler Daten über Netzwerkprotokolle – und das geschieht oft ohne menschliche Beteiligung.

Mario: Seit wann existiert digitale Kommunikation?

Jakob: Digitale Kommunikation ist im Vergleich zur analogen Kommunikation relativ jung. Sie existiert seit den 1990er Jahren, als Computer zuerst in Unternehmen und später auch in privaten Haushalten Einzug hielten.

Mario: Wann wurde das World Wide Web für die breite Öffentlichkeit zugänglich?

Jakob: Das World Wide Web wurde am 30. April 1993 für alle zugänglich, die einen Internetzugang hatten. Die Idee dazu kam dem US-amerikanischen Computer-Jakobn Tim Berners-Lee etwa 1990.

Mario: Angela Merkel bezeichnete das Internet einmal als „Neuland“. Was halten Sie von dieser Aussage?

Jakob: Ihre Aussage sorgte für viel Spott im Netz, da sie klang, als wäre das World Wide Web gerade erst entstanden. Es zeigt jedoch, dass selbst erfahrene Personen wie Merkel Schwierigkeiten haben können, die digitale Welt vollständig zu begreifen.

Jakob Lipp ist auf der Bühne zu Hause. Seit über 20 Jahren steht der Kommunikationsprofi aus dem bayerischen Voralpenland vor Publikum – und das in ganz Europa. Durch seine langjährige Bühnenerfahrung und sein vielfach preisgekröntes »Spiel« mit dem Publikum hat Jakob Lipp ein unglaubliches Gespür dafür entwickelt, wie Menschen »ticken«, wie Menschen denken und wie Menschen kommunizieren – ob nun verbal oder nonverbal. Seine Botschaft: Kommunikative Kompetenz ist der Schlüssel zum Erfolg.

Mario: Wie definierte Paul Watzlawick digitale Kommunikation?

Jakob: Watzlawick definierte digitale Kommunikation als eine von zwei Kommunikationsarten. Er stellte fest, dass digitale Kommunikationen eine komplexe logische Syntax besitzen, aber in Bezug auf Beziehungen unzulängliche Semantik aufweisen.

Mario: Welche Vor- und Nachteile hat digitale Kommunikation im Vergleich zur analogen?

Jakob: Digitale Kommunikation hat viele Vorteile, wie die Möglichkeit, Botschaften schnell an ein breites Publikum zu senden und Kontakte über große Distanzen hinweg zu pflegen. Allerdings gibt es auch Nachteile: Man hat oft das Gefühl, überall und jederzeit erreichbar sein zu müssen. Auch Missverständnisse können leichter entstehen, da nonverbale Aspekte fehlen.

Mario: Wie beeinflusst dies die heutige Arbeitswelt?

Jakob: In der Arbeitswelt führt dies häufig zu einer „Zoom Fatigue“, einem Phänomen, bei dem Teilnehmer schneller ermüden während Video-Calls. Viele Mitarbeitende empfinden Meetings als unproduktiv und nutzen ihre Zeit stattdessen mit anderen Aktivitäten während der Konferenzen.

Mario: Was sind einige der Herausforderungen bei Videokonferenzen?

Jakob: Videokonferenzen vermitteln oft nur einen Eindruck von persönlicher Kommunikation und sind nicht in der Lage, bestimmte Stimmungen oder zwischenmenschliche Aspekte zu übermitteln. Auch Emoticons oder Emojis bieten keinen vollständigen Ersatz für nonverbale Signale.

Mario: Wie gehen Menschen mit diesen Herausforderungen um?

Jakob: Viele Menschen versuchen, sich durch Ablenkungen während eines Meetings zu beschäftigen. Während Low-Performer dazu neigen, sich abzulenken und weniger produktiv zu sein, wissen High-Performer oft besser mit ihrer Zeit umzugehen und suchen nach sinnvolleren Aufgaben.

Mario: Welche Rolle spielt Kommunikation in der Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?

Jakob: Kommunikation ist ein wesentliches Instrument der Führung. Heutzutage findet sie ja vielfach digital statt, was bedeutet, dass digitale Kommunikation zu einem festen Bestandteil des Arbeitsalltags in Unternehmen jeder Größe und Branche geworden ist.

Mario: Welche digitalen Kommunikationsmittel sind dabei am häufigsten im Einsatz?

Jakob: E-Mail, Messengerdienste wie WhatsApp und Online-Konferenzen über Plattformen wie MS Teams oder Zoom sind fast überall Standard. Für Führungskräfte hat die digitale Kommunikation eine besondere Bedeutung, da sie nun auch digital führen müssen – das ist die neue Normalität.

Mario: Wie gut sind Führungskräfte auf diese digitale Kommunikation vorbereitet?

Jakob: In der Regel sind Führungskräfte nur im technischen Umgang mit digitalen Medien geübt und selten geschult, wie sie Mitarbeiter per E-Mail, Messengerdiensten oder in Webkonferenzen effektiv führen können. Das bleibt eine Herausforderung, die es zu meistern gilt.

Mario: Welche Erwartungen gibt es an Führungskräfte in Bezug auf Erreichbarkeit und Reaktionszeit?

Jakob: Ein wichtiger Faktor ist die Erwartung an ständige Erreichbarkeit und schnelle Reaktionszeiten. Digitale Kommunikation kann die Führung erleichtern, aber sie stellt auch neue Anforderungen an die Führungskräfte und kann so zur psychischen Belastung werden.

Mario: Wie können diese Herausforderungen bewältigt werden?

Jakob: Es müssen feste Vereinbarungen getroffen und Regeln aufgestellt werden, um den Schutz der Gesundheit der Führungskraft zu gewährleisten. Das Gefühl ständiger Bereitschaft kann überwältigend sein. Daher  ist es wichtig, klare Grenzen zu setzen und diese einzuhalten.

Mario: Welche Kommunikationsaufgaben haben Führungskräfte in diesem Kontext?

Jakob: Durch Kommunikation halten Führungskräfte den Informationsfluss in Bewegung, erteilen Arbeitsaufträge, leiten Projekte, führen Mitarbeitergespräche oder geben Feedback. Die Anzahl dieser Aufgaben wächst natürlich mit der Zahl der Mitarbeitenden.

Mario: Was sind einige Vorteile der digitalen Kommunikation für Führungskräfte?

Jakob: Zu den Vorteilen gehören sicherlich die größere Flexibilität hinsichtlich Arbeitsort und Arbeitszeit sowie die Schnelligkeit der Kommunikation.

Mario: Gibt es auch Nachteile bei der digitalen Kommunikation?

Jakob: Ja, das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen, kann schnell zur Überforderung führen. Viele glauben, ständig kommunizieren und Informationen weitergeben zu müssen. Gleichzeitig fühlen sie sich unwohl, wenn sie einmal offline sind.

Mario: Wie hat sich die Bedeutung digitaler Kommunikation seit den Nullerjahren verändert?

Jakob: Digitale Kommunikation hat seit den Nullerjahren immer mehr an Bedeutung gewonnen und ist heute aus unserem Leben und Arbeitsleben nicht mehr wegzudenken. Dennoch ist persönliche Kommunikation durch nichts zu ersetzen.

Mario: Warum ist persönliche Kommunikation so wichtig für Führungskräfte?

Jakob: Analog ist es viel leichter, ein Team zusammenzuhalten, zu motivieren oder Konflikte zu lösen. Wer als Führungskraft häufig digital kommuniziert, sollte auch unbedingt direkte Gespräche suchen und sich nicht ausschließlich auf digitale Kanäle verlassen.

Mario: Was sollten Führungskräfte beachten, um ihren Handlungsspielraum zu erhalten?

Jakob: Sie sollten selbst entscheiden können, wie oft sie digitale Kommunikationsmittel nutzen und wann sie diese zur Seite legen oder ganz abschalten. So wie man Entscheidungen über Handlungen und Ziele selbstständig treffen muss, sollte dies auch für die Wahl der Kommunikationsmittel gelten.

Mario: Vielen Dank für diese wertvollen Einblicke! Gibt es abschließend noch etwas, das Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben möchten?

Jakob: Ja! Nutzen Sie digitale Kommunikationsmittel, um effizient zu arbeiten, aber scheuen Sie sich nicht, auch persönliche Gespräche zu führen. Diese sind oft so entscheidend, um Beziehungen zu stärken, Missverständnisse auszuräumen und ein Team wirklich zusammenzuhalten. Setzen Sie klare Grenzen für Ihre Erreichbarkeit und schaffen Sie feste Zeiten für digitale Kommunikation, um Überforderung zu vermeiden. Denken Sie daran: Effektive Führung erfordert sowohl technisches Know-how als auch die Fähigkeit, menschliche Verbindungen herzustellen.

Mario: Lieber Jakob, herzlichen Dank, dass ich bei Ihnen nachfragen durfte.

Alles auf Veränderung

Furchtlos Neues wagen: mit dem richtigen Mindset die Komfortzone verlassen, Veränderung kann immer Unsicherheit bedeuten. Auch oder gerade in der Arbeitswelt stoßen neue Wege oft auf Widerstände. Ungewohntes zu versuchen, die Dinge anders anzugehen, fällt nicht leicht, selbst wenn es eine Verbesserung bedeutet. Was es dazu braucht, um über den eigenen Schatten zu springen und sich ins Abenteuer Veränderung zu stürzen: eine anständige Portion Mut! Der erfolgreiche Mentalist Jakob Lipp ist Experte für nonverbale Kommunikation und begeisterter Mutmacher. In seinem Buch zeigt er auf, wie die richtige Verständigung zwischen Führungsebene und Mitarbeitenden die Unternehmenskultur transformiert.