Das Leben ist kein Sprint
Ich stelle Menschen gerne Fragen, weil mich ihre Arbeit, ihre Strategien, ihre Standpunkte oder ihre Thesen interessieren. Für meine Kolumne NACHGEFRAGT habe ich das Gespräch mit Reinhold Stritzelberger gesucht. Er ist überzeugt, dass jeder von uns über viele Jahre hinweg jeden Tag sein bestes geben kann – und zwar ganz entspannt. Ich habe bei Reinhold nachgefragt, warum jeder von uns zu Spitzenleistungen fähig ist.
Mario: Wir haben im Vorgespräch über einen Manager gesprochen, der gerade von einem beeindruckenden Erfolg in seinem Bereich berichtet hat. Was hat zu diesem besten Ergebnis in der Geschichte seines Unternehmens beigetragen?
Reinhold: Ja, es war wirklich ein außergewöhnliches Jahr für diesen Mann. Sein Team hat hart gearbeitet, und jeder Einzelne hat sein Bestes gegeben. Natürlich spielte auch etwas Glück eine Rolle, aber insgesamt waren alle sehr fokussiert und engagiert.
Mario: Das klingt nach einer enormen Anstrengung. Wie haben Sie diesen Mann erlebt? Wie ist er persönlich mit den psychischen und physischen Grenzen umgegangen, die Sie erwähnt haben?
Reinhold: Es war definitiv herausfordernd. Oft geriet er an seine Grenzen, sowohl mental als auch körperlich. Aber das Schlimmste ist, dass am 1. Januar alles wieder auf null gestellt wird und die Erwartungen an ihn nun noch höher sind. Es kann frustrierend sein, aber er versucht, nicht zu resignieren. Es geht darum, in die nächste Runde zu starten und immer weiterzumachen.
Mario: Es scheint, als ob er resigniert! Was entgegnen Sie jemandem in einer solchen Situation?
Reinhold: Ich erinnere ihn daran, dass das Leben nicht am 31. Dezember endet. Jedes Jahr ist eine neue Chance, und ich sehe es als einen kontinuierlichen Prozess des Lernens und Wachsens – sowohl für ihn selbst als auch für sein Team.
Mario: Sie sprechen oft darüber, dass es im Leben nicht nur darum geht, die nächste Runde zu überstehen. Was meinen Sie genau damit?
Reinhold: Es ist wichtig zu verstehen, dass das Leben aus unzähligen Sprints und Ruhephasen besteht. Es geht nicht nur um einen Marathon oder einen einmaligen Erfolg. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir immer wieder neue Herausforderungen meistern werden – beruflich, persönlich und in unseren Beziehungen.
Mario: Das klingt nach einer anspruchsvollen Perspektive. Wie können Menschen sicherstellen, dass sie nicht nur kurzfristig erfolgreich sind, sondern auch langfristig ihr Bestes geben?
Reinhold: Der Schlüssel liegt darin, sich auf sich selbst zu konzentrieren und nicht nur darauf, anderen einen guten Eindruck zu vermitteln. Es ist entscheidend, auch in schwierigen Phasen motiviert zu bleiben und tagtäglich an sich zu arbeiten. Man erkennt den Charakter eines Menschen daran, wie er sich verhält, wenn niemand zuschaut. Sind Sie bereit, Ihr Bestes zu geben, auch wenn es niemanden interessiert?
Mario: Können Sie ein Beispiel nennen, das diese Idee verdeutlicht?
Reinhold: Ja, ich denke da an Dr. Stefan Lenzenbroich, der Leiter der Qualitätsentwicklung in einem größeren Unternehmen. Er hatte anfangs großen Erfolg und wurde schnell befördert. Doch irgendwann erkannte er, dass immer schneller unterwegs zu sein ihn nicht glücklicher machte – im Gegenteil. Sein Zusammenbruch durch Burn-out hat ihm die Augen geöffnet: Es geht nicht um einmalige Wahnsinnsleistungen oder ständige Erfolge, sondern darum, auf einem hohen Niveau auszuharren und dabei Lust und Leidenschaft für die Arbeit zu bewahren.
Mario: Sie sprechen oft darüber, dass das Ziel nicht eine einmalige Wahnsinnsleistung ist. Was meinen Sie genau damit?
Reinhold: Guten Tag! Das Ziel ist es nicht, zig-fach Erfolge einzufahren oder einen einmaligen Höhepunkt zu erreichen. Vielmehr geht es darum, ausdauernd auf einem hohen Niveau zu agieren und dabei nicht auszubrennen. Es ist wichtig, Lust und Leidenschaft an der Sache zu bewahren, egal ob im Beruf oder im Privatleben.
Mario: Das klingt nach einer sehr umfassenden Sichtweise. Warum glauben Sie, dass persönliche Spitzenleistungen nicht nur auf den Beruf beschränkt sind?
Reinhold: Wenn wir ins Privatleben schauen, wird schnell klar, dass Spitzenleistungen auch in anderen Bereichen möglich sind. Ein ehrenamtlicher Helfer, der sich über 40 Jahre im Kinderhospiz engagiert, leistet eine enorme persönliche Spitzenleistung. Auch das Pflegen einer langjährigen Beziehung kann eine größere Leistung sein als eine erfolgreiche Karriere. Langfristige Spitzenleistung findet in vielen Facetten des Lebens statt.
Mario: Sie erwähnen auch das Konzept der „Work-Life-Balance“. Warum halten Sie diese Idee für problematisch?
Reinhold: Die Vorstellung von absoluter Balance scheint mir kein erstrebenswerter Zustand zu sein. Wenn alle Bereiche Ihres Lebens im Gleichgewicht sind, könnte das bedeuten, dass Sie stagnieren oder sogar tot sind. Die größten Erfolge werden oft in Phasen des Ungleichgewichts erzielt, wenn man sich auf die wichtigsten Themen konzentriert und dafür andere Bereiche vernachlässigt.
Mario: Interessant! Wie reagieren Menschen auf die Vorstellung, ein Leben lang Spitzenleistungen zu erbringen?
Reinhold: Während meiner Recherche habe ich 247 Seminarteilnehmer gefragt, was sie mit dieser Vorstellung verbinden. Die meisten äußerten negative Assoziationen wie „Das schafft doch eh keiner“ oder „Das führt doch in den Burn-out“. Diese Antworten spiegeln die Angst wider, sich für Erfolge jahrzehntelang aufreiben zu müssen und im Mittelmaß zu versinken.
Mario: Gibt es einen berühmten Gedanken dazu, den Sie teilen möchten?
Reinhold: Ja! Michelangelo sagte einmal: „Die größte Gefahr für die meisten ist nicht, dass wir uns zu hohe Ziele stecken und daran scheitern. Die größte Gefahr ist, dass wir uns zu wenig vornehmen und das tagtäglich erreichen.“ Das zeigt deutlich, wie wichtig es ist, große Ziele anzustreben und sich nicht mit dem Mittelmaß zufriedenzugeben.
Mario: Vielen Dank für Ihre wertvollen Einsichten! Gibt es abschließend noch etwas, das Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben möchten?
Reinhold: Ja! Denken Sie daran: Langfristige Spitzenleistung erfordert Ausdauer und den Mut, auch in Zeiten des Ungleichgewichts Großes anzustreben. Lassen Sie sich nicht von negativen Gedanken abhalten – setzen Sie sich hohe Ziele und arbeiten Sie kontinuierlich daran!
Mario: Lieber Reinhold, herzlichen Dank, dass ich bei Ihnen nachfragen durfte.
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