Not macht erfinderisch!
In Zeiten der Krise sind kreative Lösungen gefragt! Insbesondere in Projektkrisen müssen Projektmanager zahlreiche Herausforderungen meistern, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen. Spätestens jetzt sind neue Ansätze und Ideen dringend erforderlich. Erfahre, welche Strategien helfen, eine Projektkrise zu bewältigen und das Team nachhaltig zu stärken.
Bei einem Automations- und Prüfsystemhersteller geriet Bernd H. mit seinem Team in eine veritable Krise, als eine Montageanlage für Kunststoffteile nicht der geforderten Spezifikation des Kunden entsprach. Trotz wiederholter Rückmeldungen des Kunden hielten die Teammitglieder an der ursprünglich festgelegten Konstruktion fest, die vor sechs Monaten definiert worden waren. Diese starre Haltung führte zu weiteren Verzögerungen und Unzufriedenheit bei den Stakeholdern. Das Team war frustriert, da die bisherigen Ansätze nicht den gewünschten Erfolg brachten, und der Druck wuchs, während die Konkurrenz dem Kunden bereits neue, anpassungsfähigere Lösungen anbot. Die fehlende Flexibilität drohte das gesamte Projekt zu gefährden.
Projektkrisen können lähmen. Dabei sind in einer sich schnell verändernden Umgebung Anpassungsfähigkeit und Flexibilität entscheidend. Wenn das Projektteam in einer Krisensituation an veralteten Vorgaben festhält, ignoriert es wichtige Signale und Entwicklungen, die für den Projekterfolg relevant sind. Dies führt nicht nur zu Ineffizienz, sondern auch zu einer Verschwendung von Ressourcen, da Zeit und Energie auf nicht mehr relevante Aufgaben verwendet werden. Zudem sinkt die Motivation der Teammitglieder, wenn ihre Ideen und Vorschläge nicht ernst genommen werden. Ein solches Klima kann zu Frustration und einem Rückgang der Produktivität führen.
Das starre Festhalten an ursprünglichen Zielen, veralteten Konzepten und schwerfälligen Abläufen in einer Krisensituation kann das gesamte Projekt erheblich gefährden, da weitere Verzögerungen, erhöhte Kosten und unzufriedene Stakeholder zwangsläufig die Folge sind.
Alles muss auf den Prüfstand
Was uns die Krise beschert hat, wird uns kaum den notwendigen Turnaround bescheren. In einer Projektkrise ist es von entscheidender Bedeutung, bestehende Projektziele und -abläufe kritisch zu hinterfragen. Diese kritische Reflexion ermöglicht es, die Ursachen der Krise zu identifizieren und festzustellen, ob die ursprünglichen Ziele noch realistisch und relevant sind. Oftmals haben veränderte Rahmenbedingungen, Anforderungen oder interne Ressourcen überhaupt erst dazu geführt, dass das Projekt in eine gefährliche Schieflage geraten ist. Das macht in vielen Fällen eine Anpassung der Projektziele zwingend erforderlich. Ein unverändertes Festhalten an ursprünglichen Zielen würde nur zu weiteren Komplikationen führen und das Team demotivieren.
Eine effektive Strategie zur Überprüfung der Projektziele sollte auf Transparenz und Zusammenarbeit basieren. Es ist wichtig, alle Stakeholder einzubeziehen, um unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen. Workshops und Feedback-Runden können helfen, die Meinungen des Teams sowie der Stakeholder zu sammeln und ein gemeinsames Verständnis für die Herausforderungen zu entwickeln. Diese Analyse hilft dabei, sowohl interne als auch externe Faktoren zu beleuchten und fundierte Entscheidungen über notwendige Änderungen zu treffen. Zudem sollten klare Prioritäten gesetzt werden: Welche Ziele sind essenziell für den Projekterfolg?


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Offenheit im Team stärkt Innovation
Trotz Anpassung der Projektziele dürfte ein „Segeln auf Sicht“ das Motto der nächsten Zeit sein. Dabei ist ein besonderer Faktor für die Handlungsfähigkeit eines Teams gleichermaßen wichtig wie herausfordernd: Offenheit. Er beschreibt, wie stark Ideen und Veränderungen entwickelt werden und wie neugierig ein Team gegenüber bisweilen unbekannten Ansätzen und Vorschlägen ist. Doch warum ist das so wichtig?
Eine Krisensituation zwingt ein Projektteam fortwährend in unsichere Fahrwasser, mit kurzfristigen Kursänderungen ohne Planungssicherheit. Mit verringertem Rückgriff auf „Altbewährtes“ steigt die Notwendigkeit neuer Ansätze und innovativen Handelns. Das Projektmanagement ist nicht mehr durch Einfachheit und Übersichtlichkeit gekennzeichnet, sondern durch den Umgang mit Komplexität und Unsicherheit. Dies erfordert Offenheit und Mut anstelle klassischer Steuerungs- und Handlungsstrukturen. Nur in einem innovationsstarken Projektteam, das sich durch eine hohe Offenheit jedes Einzelnen kennzeichnet, bleibt das Team trotz aller Widrigkeiten handlungsfähig.
In Krisensituationen ist Agilität entscheidend. Wenn mehr und mehr Unvorhergesehenes den Arbeitsalltag entscheidet, müssen Entscheidungen schnell getroffen werden. Teams müssen schnell reagieren und ihre Strategien anpassen können. Offenheit ermöglicht es, bestehende Arbeitsroutinen bewusst zu durchbrechen für Dinge, die JETZT wichtig sind, ohne den erfolgskritischen Fokus zu verlieren. Offenheit stärkt die Güte von Entscheidungen, indem sie verschiedene Optionen berücksichtigt und bewertet, um situationsabhängig und nicht erfahrungsorientiert entscheiden zu können. Ziel ist eine flexible Anpassung der Abläufe, bei denen regelmäßig überprüft wird, ob die gesetzten Ziele noch erreichbar sind. Regelmäßige Statusmeetings helfen dabei, Fortschritte zu überwachen und gegebenenfalls schnell auf neue Entwicklungen zu reagieren.
Die „Day 1“ Philosophie von Jeff Bezos
Hilfreich könnte dabei eine „Day 1“-Philosophie sein. Sie geht auf Jeff Bezos zurück und ist ein zentraler Bestandteil der Unternehmenskultur von Amazon. Sie besagt, dass Unternehmen stets in einem „Tag 1“-Zustand bleiben sollten, was bedeutet, dass sie sich kontinuierlich wie ein Start-up verhalten müssen – innovativ, agil und kundenorientiert. Bezos warnt vor der Gefahr des „Tag 2“, der mit Stagnation, Bürokratie und Verlust der Kundenfokussierung einhergeht.
Um Tag 1 zu leben, ermutigt Bezos seine Mitarbeiter, Risiken einzugehen und aus Fehlern zu lernen. Diese Denkweise fördert eine Kultur des Experimentierens und der kontinuierlichen Verbesserung. Indem Amazon den Fokus auf die Bedürfnisse der Kunden legt und sich ständig anpasst, bleibt das Unternehmen wettbewerbsfähig und relevant in einer sich schnell verändernden Welt. Die „Day 1″-Philosophie ist somit nicht nur eine Strategie, sondern ein Mindset für Innovation und Wachstum.
Eine solche „Day 1“-Mentalität kann auch im Krisenmanagement äußerst hilfreich sein. Sie betont die Notwendigkeit, stets kundenorientiert zu handeln und die Bedürfnisse der Endkunden in den Mittelpunkt aller Entscheidungen zu stellen. Es gilt, stets zu hinterfragen, wie Entscheidungen und Maßnahmen den Endkunden beeinflussen. Dies hilft dabei, Lösungen zu finden, die nicht nur kurzfristige Probleme beheben, sondern auch langfristigen Wert schaffen.
Zudem fördert diese Philosophie eine Kultur der Innovationsfreude, in der Risiken eingegangen werden, um kreative Lösungen zu finden. Fehler werden als Lernchancen betrachtet, was das Vertrauen im Team stärkt und zur kontinuierlichen Verbesserung beiträgt. Schließlich ermutigt die „Day 1“-Mentalität dazu, nicht nur kurzfristige Lösungen zu suchen, sondern auch langfristige Auswirkungen im Blick zu behalten, um die Projektkrise nachhaltig in den Griff zu bekommen.
Survival-Tipps
- Bedenke: Um eine Projektkrise erfolgreich zu meistern, sind Mut zur Veränderung und Innovationsbereitschaft unerlässlich.
- Etabliere eine offene Kommunikation, in der Teammitglieder ihre Bedenken und Ideen ohne Angst vor Kritik äußern können.
- Hinterfrage Projektziele und -abläufe, reagiere flexibel und schnell und breche veraltete Strukturen auf. In einer Krise gibt es keinen Pause-Knopf für Innovation!
- Ermutige mit einer „Day 1“-Philosophie dein Team dazu, innovativ zu denken, flexibel zu handeln und stets den Kundenfokus im Auge zu behalten.
- Fördere eine Kultur der Innovationsfreude, in der – trotz aller Schwierigkeiten – Risiken eingegangen werden, um kreative Lösungen zu finden.
- Achte auf die Anerkennung von Erfolgen, auch wenn sie klein sind. Das motiviert das Team und stärkt den Zusammenhalt.


Mario Neumann
Als Autor und Trainer begleite ich Dich durch die abenteuerliche Welt der Projekte. Dafür wurde ich schon mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Internationalen Deutschen Trainingspreis und dem Weiterbildungs-Innovationspreis. Alle meine Bücher, Seminare und Vorträge findest Du auf marioneumann.com.