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Den Turbo zünden im Projekt

Von am 06.11.2023

Viele Projektleiter erarbeiten den Projektplan allein im stillen Kämmerlein. Doch dafür ernten sie nur selten das zustimmende Nicken ihrer Teammitglieder. Stattdessen werden tausend Gründe vorgebracht, warum das so nicht funktionieren kann. Der bessere Weg ist daher ein gemeinsamer Take-off-Workshop. Richtig durchgeführt bringt er das Team in kürzester Zeit von null auf hundert – das Projekt hebt ab, schon am ersten Tag werden greifbare Ergebnisse erzielt.

Eigentlich wollte Vanessa B. das Projekt gemeinsam mit ihrem Team planen und hierfür einen eigenen Workshop ansetzen. Der Geschäftsführer gab ihr jedoch zu verstehen, das Kick-off-Meeting müsse reichen, man könne die Mitarbeiter nicht auch noch für einen Workshop zum Projektstart aus ihrem Tagesgeschäft holen.

Notgedrungen beißt Vanessa B. in den sauren Apfel und erstellt die Planung alleine. Ein paar Tage später startet das Projekt mit einem viel zu kurzen Kick-off-Meeting, an dem nicht einmal alle Projektmitarbeiter teilnehmen können. Einige Teammitglieder fühlen sich regelrecht überfahren. Sie können die Planung ihrer Projektleiterin nicht wirklich nachvollziehen und halten die Meilensteine für viel zu eng getaktet.

Ein überhasteter Auftakt rächt sich. Anstatt mit dem Projekt abzuheben, gerät Sand ins Getriebe. Der Projektleiter versucht, Aufgaben zu koordinieren und zu delegieren, sieht sich aber einem Sperrfeuer ausgesetzt: „Funktioniert eh nicht! So kann man doch nicht vorgehen! Der Zeitplan ist völlig unrealistisch!“ Die Teammitgliedern fühlen sich übergangen. Sie haben den Eindruck, nun ausbaden zu müssen, was sich der Projektleiter da allein ausgedacht hat.

Ein kurzes Kick-off-Meeting wie im Beispiel von Vanessa B. reicht nicht aus, um ein Projekt erfolgreich auf die Schiene zu bringen. Projektleiter und Projektteam sollten sich die Zeit nehmen, um mit einem Startworkshop in die Projektarbeit einzusteigen und gemeinsam das Projekt zu planen.

Am Anfang die Weichen richtig stellen

Beim Start eines Projektes sollte sich der Projektleiter gemeinsam mit seinem Team intensiv mit dem Projekt auseinandersetzen. Eine geeignete Methode hierfür ist ein Workshop zum Projektstart, der auch als Take-off-Workshop bezeichnet wird.

Während des Take-off-Workshops trifft das Team wichtige Entscheidungen, die sich auf den gesamten weiteren Projektverlauf auswirken. Die Teilnehmer klopfen Risiken ab, besprechen Vorgehensweisen und legen die grobe Marschrichtung fest. Auch die Abstimmungen untereinander sind ein wichtiger Aspekt: Spezialisten aus den verschiedensten Arbeitsbezügen müssen im Projektteam aufeinander eingestimmt werden. All das sind Aufgaben des Take-off – denn der Kick-off ist dafür der falsche Ort.

Was unterscheidet den Kick-off vom Take-off?

Die Begriffe „Kick-off-Meeting“ und „Take-off-Workshop“ werden oft synonym verwendet und deshalb auch nicht als separate Veranstaltungen gesehen. Dadurch fehlt in vielen Unternehmen auch das Bewusstsein, wie sinnvoll ein eigener Take-off-Workshop ist. Es lohnt sich, beides auseinanderzuhalten und sich die Unterschiede klarzumachen:

Quelle: "Projekt-Kompass"

Das Team erfolgreich auf die Schiene bringen

Der Take-off-Workshop hat zwei große Aufgaben: Er dient einerseits der Planung und Strukturierung des Projekts, andererseits sorgt er für den nötigen Teamgeist. Die Teilnehmer begreifen, wie wichtig es ist, am gleichen Strang zu ziehen. Ein erfolgreicher Take-off schafft damit eine hervorragende Basis für die künftige Zusammenarbeit im Projektteam.

Kernelemente eines Take-off-Workshops

Der Ablauf des Take-off-Workshops hängt von den Anforderungen des jeweiligen Projektes ab, sollte aber grundsätzlich vier Aspekte berücksichtigen:

1.         Ziel / Commitment

Für Zielklarheit sorgt bereits das Kick-off-Meeting. Der Take-off-Workshop sollte nun sicherstellen, dass alle Beteiligten das Projektziel verstehen und teilen. Darüber hinaus sollte jeder wissen, was im Projekt von ihm erwartet wird.

2.         Grobplanung

Der Take-off macht den ersten entscheidenden Aufschlag – und schafft damit die Grundlage, um alle weiteren Planungen vornehmen zu können. Da der Workshop das gesamte Kernteam in die Planung mit einbindet, sind alle Beteiligten arbeitsfähig und können in der Folge zügig Fortschritte erreichen.

3.         Risiko-Check

Jedes Projekt hat seine Unwägbarkeiten, Probleme und Umstände, die den Projektverlauf negativ beeinflussen können. Der Take-off sollte diese Risiken in den Blick nehmen, damit das Team sich ihrer von Beginn an bewusst ist und gegebenenfalls mit gezielten Maßnahmen gegensteuern kann.

4.         Spielregeln

Für die Zusammenarbeit eines Projektteams sollten stets gemeinsame Spielregeln gelten – zum Beispiel für den Ablauf von Besprechungen, den Umgang mit Konflikten oder die Weiterleitung von Informationen und Arbeitsergebnissen. Der Take-off-Workshop ist der Ort, um diese Regeln festzulegen.

Erfolgreiche Projektleiter investieren verhältnismäßig viel Zeit und Aufwand in den Take-off-Workshop. Aus gutem Grund: Eine im Team erstellte Projektplanung ist nicht nur vollständiger und realistischer – sie wird vor allem auch vom Team mitgetragen.

Survival-Tipps

  • Mach‘ Dir bewusst: Projektteam und Projektleiter sollten sich beim Start eines Projektes die Zeit nehmen, um sich gemeinsam intensiv mit dem Projekt auseinanderzusetzen.
  • Plane genügend Zeit für den Take-off ein. Auch bei einem kleineren Projekt kann ein Take-off-Workshop von ein bis zwei Tagen sinnvoll sein.
  • Achte auf Zielklarheit. Nur mit gemeinsamen Zielen funktioniert Teamarbeit. Wenn nicht alle Teammitglieder die Ziele mittragen, wird in unterschiedliche Richtungen gearbeitet.
  • Erarbeite mit Deinem Projektteam die gesamte Projektplanung. Am Ende der Veranstaltung muss jeder wissen, wer wann was zu tun hat.
  • Sensibilisiere Dein Team hinsichtlich möglicher Projektrisiken. Identifiziere und bewerte die vorhandenen Risiken, um geeignete Maßnahmen zu beschließen.
  • Sorge für klare Strukturen. Kläre Rollen und Aufgaben im Team, denn unklare Verantwortlichkeiten führen zwangsläufig zu Reibungsverlusten.

EXTRA-SEITE

Projekt-Take-off (Beispiel)

09:00 – 09:15   Begrüßung

  • Der Projektleiter eröffnet den Workshop und begrüßt die Teilnehmer.
  • Er stellt die Ziele und den Ablauf des Take-off-Workshops vor.

09:15 – 10:30   Einführung

  • Ein Management-Vertreter erläutert Projektziel und -auftrag.
  • Teilnehmer bekommen die Möglichkeit, das Projekt zu hinterfragen.

10:30 – 10:45   Kaffeepause

10:45 – 12:00   Strukturplan

Im Team entsteht der Projektstrukturplan. Gemeinsam fällt es wesentlich leichter, wirklich an alle zu erledigenden Aufgaben zu denken.

12:00 – 13:00   Mittagspause

13:00 – 14:00   Teamaktivität

14:00 – 15:00   Ablaufplan

Das Team diskutiert die Abhängigkeiten und Randbedingungen der geplanten Arbeiten. Das Team bestimmt, welche Aktivitäten sequenziell ablaufen und welche unabhängig voneinander parallel stattfinden können.

15:00 – 15:15   Kaffeepause

14:00 – 15:00   Zeit-/Kostenplan

Der Tag endet mit der wohl mühsamsten Aufgabe: Für jede Aktivität im Ablaufplan muss das Team Aufwand und Dauer schätzen. Nur so kann eine zuverlässige Terminplanung erfolgen.

Danach …       Gemeinsames Abendessen

Projekt-Take-off (Beispiel)

09:00 – 09:15   Begrüßung

09:15 – 10:45   Risiko-Check

Das Team befasst sich mit den Risiken, die den Projektverlauf negativ beeinflussen könnten. Es werden Maßnahmen besprochen, um von Beginn an erfolgreich gegenzusteuern.

10:45 – 11:00   Kaffeepause

11:00 – 12:00   Organisation

Der Projektleiter bespricht mit seinem Team die formale Organisation der Projektarbeit. Das Team vereinbart wichtige Spielregeln (z.B. für Projektarbeitszeiten, Meetings, Absprachen, Entscheidungsverfahren etc.).

12:00 – 13:00   Mittagspause

13:00 – 13:45   Vorbereitung

Der Management-Vertreter hat sich für die Begutachtung der Ergebnisse des Workshops angesagt. Das Team bereitet die bevorstehende Präsentation vor.

13:45 – 14:00   Kurze Pause

14:00 – 15:30   Präsentation

Der Projektleiter und sein Team stellen dem Management-Vertreter – basierend auf ihren Plänen – die grundsätzliche Vorgehensweise im Projekt vor. Sie diskutieren darüber hinaus mit ihm die identifizierten Risiken.

15:30 – 15:45   Wrap-Up

Der Workshop endet mit einer »Blitzlichtrunde«, in der jeder einen Satz zum Abschluss sagt. Diskutiert wird darüber nicht mehr.
Der Projektleiter bedankt sich bei seinem Team für die konstruktive Zusammenarbeit und den gelungenen Start ins Projekt.

Mario Neumann

Als Autor und Trainer begleite ich Dich durch die abenteuerliche Welt der Projekte. Dafür wurde ich schon mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Internationaler Deutscher Trainingspreis und dem Weiterbildungs-Innovationspreis. Alle meine Bücher, Seminare und Vorträge findest Du auf marioneumann.com.